| # taz.de -- Die Wahrheit: Dreck fressen mit Dreckfressen | |
| > Die allgegenwärtigen hochpreisigen Burgerläden setzen alle auf dasselbe | |
| > Rezept: Frische und die herzhafte Verachtung der Unterschicht. | |
| Bild: Der Prestige-Burger hat selbstverständlich handgeschmiedet und nicht blo… | |
| Jetzt einen leckeren Burger. Und schön Fritten! Wer kennt es nicht, dieses | |
| Gefühl? Sich etwas Besonderes gönnen? Und einfach einen leckeren Burger mit | |
| schön Fritten verzehren? Ein Bedürfnis, das viel zu oft unbefriedigt | |
| bleibt. Das dachte sich auch Matze Jörns, Unternehmer aus Frankfurt. Im | |
| Herbst letzten Jahres hat er deswegen die Börger-Bude gegründet, einen | |
| kleinen exklusiven Burgerbrater im Bahnhofsviertel. | |
| „Wichtig ist mir: alles frisch, alles regional, nur beste Zutaten.“ Eine | |
| Idee, die sich auszahlt: Die Börger-Bude in der Kaiserstraße 19 schließt | |
| die Lücke zwischen Benni’s Best Burgers (Kaiserstraße 17) und der | |
| Burgerbefragung (Kaiserstraße 21), sodass auch Menschen auf der rechten | |
| Straßenseite schön Burger essen können. Zuvor mussten sie, sollte sie | |
| ausgerechnet zwischen den Hausnummern 17 und 19 ein Burgerbärenhunger | |
| befallen, auf die gegenüberliegende Straßenseite wechseln zu Mama Tina’s | |
| Burger-Rodeo, das vom Stadtmagazin Journal Frankfurt zum „zweitbesten | |
| Burgerladen im Bereich Kaiserstraße 1 bis 33, 2016“ gewählt wurde. | |
| ## Hausgemacht und ofengeschnitten | |
| Im Mama Tina’s sieht man die Konkurrenz vor allem sportlich: „Bei uns | |
| wissen die Kunden, was sie kriegen: frische, regionale Zutaten, von besten | |
| Bauern handgepflückt.“ Ein Geheimrezept, das immer noch für volle Kassen | |
| sorgt. Auch im Windy Meatburgers im selben Haus (1. Stock) macht man sich | |
| keine Sorgen, dass der Absatz einbricht: „Wir haben lokales Gemüse von | |
| frischen Bauern aus regionaler Haltung“, sagt Hatun Baritoglu, die das | |
| Meatburgers vor zwei Wochen gegründet hat. Hier kriegt man vor allem | |
| leckere Burger, doch schwören Eingeweihte vor allem auf die Fritten, die | |
| hier, wie überall in diesem Teil der Kaiserstraße, hausgemacht und | |
| ofengeschnitten sind. | |
| Woher die Idee ursprünglich kam, nur gute Burger und wertvolle Pommes zu | |
| servieren, weiß Matze Jörns, stolzer Gründer der Börger-Bude, nicht auf | |
| Anhieb zu sagen. „Ich weiß nur, dass ich mal mit Freunden im Burgerhospital | |
| hier in der Münchner Straße war. Wir hatten eben hausgemachte Burger und | |
| handgeschnitzte Kartoffelfritze gegessen – ja, lachen Sie nicht, die nennen | |
| ihre Frittolini da so –, als ich mir dachte, Mensch, wäre das nicht toll, | |
| wenn es so was Gutes nicht auch bei uns in der Kaiserstraße gäbe. Und so | |
| begann meine Story.“ | |
| ## Lecker Schmeckburger mit Frischsauce | |
| „Es ist einfach mal was anderes“, sagt Melanie Album, seit dem ersten Tag | |
| (gestern) Stammkundin der Börger-Bude. „Wenn ich mir ansehe, wie viele | |
| Leute zu Mäcdoof und Burgerking gehen, um dort billige Industrieburger zu | |
| essen, bin ich dem Matze auch ein wenig dankbar, dass er dieses Wagnis auf | |
| sich genommen hat.“ Matze nickt und stellt ihr unaufgefordert ein Schälchen | |
| handgelaserter Zwiebelringe hin, bevor er es auf die Rechnung setzt. | |
| „Unsere Kunden müssen das Gefühl haben: Hier bist du wertvoll. Jedenfalls | |
| ein winziges bisschen wertvoller als die Unterschichtler, die sich bei | |
| Mäckes den Ranzen vollstopfen.“ Hatun vom Meatburgers, die in der | |
| Börger-Bude gerade Mittagspause macht, sieht es ähnlich: „Die Leute stopfen | |
| sich mit Fastfood voll, weil es vor allem billig ist. Deswegen sind unsere | |
| Preise so, dass man sich als gebildeter Mittelschichtler das Gefühl geben | |
| kann, in einem Restaurant gewesen zu sein.“ Matze, der sich jetzt einen | |
| leckeren Schmeckburger mit Frischsauce reinschiebt, ergänzt: „Früher hießen | |
| ja auch die Mäcdoof-Filialen Restaurants, Moment, was rede ich hier | |
| eigentlich.“ | |
| ## Distinktionsgeile ohne Geldsorgen | |
| Wichtig ist den beiden: Frische, Frische, Frische und die Verachtung der | |
| Unterschicht. „Wenn ich bedenke, was manche Leute für Dreck fressen, kommt | |
| mir echt das kalte Grausen. Dabei kann man doch schon für 12 Euro einen | |
| unserer hausgemachten Fettbrutzler haben. Das ist halt aber auch ein Geld, | |
| das Arbeitsscheue oder Hartzianer im Zweifel eher nicht aufbringen“, | |
| schmunzelt Matze. | |
| Nach seinem Gründungserfolg will er expandieren: „Die Idee, Gerichte der | |
| Unterschicht an distinktionsgeile Idioten ohne Geldsorgen zu verhökern, | |
| lässt sich auch übertragen.“ Beim Amt angemeldet ist jetzt der Poor Knights | |
| Club, ein Spezialitätenrestaurant für Arme Ritter, Pofesen und | |
| Semmelschmarrn. „Aber mit frischen Zutaten und leckeren Kellnern“, weint | |
| Matze, „ab 17 Euro aufwärts. Dafür kriegt man dann auch Varianten mit | |
| Hummus und Mu-Err-Pilzen. Scheißegal!“ | |
| ## Trendkost Schittlauchbrot | |
| Auch Hatun überlegt, wie sich im umkämpften Mittelklassemarkt noch ein | |
| Schnitt machen lässt. „Erinnerst du dich an Schnittlauchbrote? Das Ganze | |
| aber gequirlt, aus Marmeladengläsern serviert, dazu frisches Lecker aus der | |
| Region, für 25 Euro im Menü mit Gin Tonic.“ – „Jetzt spinnst du“, lac… | |
| Matze, „mit frischem Gin und lecker Tonic nimmst du 35!“ Der Markt für | |
| exklusive, überraschungslose Küche mit dem gewissen Extra (Preis) ist noch | |
| lange nicht gesättigt, aber Meisterköche wie die beiden werden auch diesen | |
| Wanst vollschlagen. | |
| 28 Mar 2018 | |
| ## AUTOREN | |
| Leo Fischer | |
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