# taz.de -- Nachruf auf Billy Graham: Der Mann mit der Bibel | |
> Als Prediger reiste er um die Welt. Im Weißen Haus war er Stammgast. | |
> Billy Graham starb am Mittwoch im Alter von 99 Jahren in Montreat. | |
Bild: Billy Graham (Archivbild 2010) | |
Sie nannten ihn „Amerikas Pastor“. Billy Graham hatte nie eine Stammkirche | |
– aber Millionen von Menschen folgten seiner Botschaft von Gott, der | |
unfehlbar sei, und von den USA, für die nach seiner Lesart dieselbe Regel | |
gilt. Mit der Bibel in der Hand reiste er kreuz und quer durch die Welt, | |
predigte in Sporthallen, im Radio und im Fernsehen und in den 33 Büchern, | |
die er veröffentlichte. Im Weißen Haus war er ein Stammgast. Als er am | |
Mittwoch im Alter von 99 Jahren in Montreat in North Carolina starb, | |
tweetete Donald Trump umgehend: „Es gab niemanden wie ihn! Er wird von | |
allen Christen und allen Religionen vermisst werden. Ein sehr spezieller | |
Mann.“ | |
Seit seinem Treffen mit Präsident Truman verstand sich Graham zugleich als | |
Seelsorger und als politischer Berater der Präsidenten. Er war ein | |
Demokrat, solange die Demokratische Partei die Interessen der weißen | |
Südstaatler und Segregationisten vertraten, als sich das änderte, wurde er | |
Republikaner. Der erste Republikaner, dessen Wahl Graham vor seinen | |
Millionen von Anhängern unterstützte, war Nixon. Dabei spielte ein | |
innerchristlicher Konkurrenzgedanke die Hauptrolle: Der letztlich | |
siegreiche Kennedy war Katholik. Und als Bush der Ältere ihm seinen damals | |
noch trinkenden Sohn George W. vorstellte, soll Graham dafür gesorgt haben, | |
dass der dem Alkohol abschwor. Mit Obama betete er an seinem Alterswohnsitz | |
in North Carolina. Und als Trump das Amt antrat, schickte er seinen Sohn | |
und Nachfolger Franklin, um eine Rede am Kapitol zu halten. | |
Graham kam 1918 in einer frömmlerischen Bauernfamilie in North Carolina zur | |
Welt. Jeden Tag musste er einen Bibelvers auswendig lernen. Doch seine | |
„Berufung“ zum Prediger kam erst später. Dabei spielte seine Frau Ruth, | |
eine Missionarstochter, die er an der Universität kennen lernte, eine | |
entscheidende Rolle. Als er sie heiratete, schwor er, dass er sein Leben | |
lang mit keiner anderen Frau allein zusammentreffen oder essen werde. | |
Angeblich hat er sich daran gehalten. | |
Sein Erfolg beim Predigen, der das Fundament seines großen Vermögens wurde, | |
begann in der zweiten Hälfte der 40er Jahre mit Auftritten außerhalb von | |
Kirchen. Als „Southern Baptist“ kam er aus dem weißen Zweig der Kirche, zu | |
dessen schwarzem Zweig Martin Luther King gehörte. In den 50er Jahren | |
erkannte Graham, der ein sicheres Gespür für Stimmungen hatte, dass die | |
Zeit der Segregation zu Ende ging. | |
Bei seinen Predigten in den Südstaaten ließ er die Trennseile zwischen | |
weißen und schwarzen Gläubigen entfernen und legte sich mit dem | |
Ku-Klux-Klan an. In den 60er Jahren zahlte er mehrfach Kautionen, um Martin | |
Luther King aus der Polizeihaft zu holen. Doch als Graham zusammen mit | |
weißen Rassisten auftrat, trennten sich die Wege der beiden Prediger | |
wieder. | |
Seit den 90er Jahren litt Graham an Parkinson. Im Jahr 2005 hielt er in New | |
York vor 200.000 Personen seine Abschiedspredigt. „Ich hoffe, wir sehen uns | |
wieder“, sagte er. | |
22 Feb 2018 | |
## AUTOREN | |
Dorothea Hahn | |
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