# taz.de -- Die Wahrheit: Ein Schlag ins Gesicht | |
> Wo sind die Norddeutschen in der Groko? Die Postenverteilung der neuen | |
> Regierung läuft alles andere als gerecht. | |
Bild: Eva Högl kann alles. Auch Canasta | |
Nun schlägt’s dreizehn: Nach allem, was man weiß, werden die Norddeutschen | |
im Kabinett Merkel IV stark unterrepräsentiert sein. Die CSU will das | |
Innenministerium mit Horst Seehofer aus Ingolstadt besetzen und weitere | |
Ministerien mit Dorothee Bär aus Bamberg, Gerd Müller aus dem schwäbischen | |
Krumbach und Andreas Scheuer aus Passau, und auch die CDU hat noch kein | |
einziges Nordlicht für einen Ministerposten ins Gespräch gebracht, sondern | |
mehrheitlich Leute, aus deren Sicht selbst Köln und Kassel schon im hohen | |
Norden liegen – Peter Altmaier aus Ensdorf an der Saar, Jutta Klöckner aus | |
Bad Kreuznach und Annette Widmann-Mauz aus Tübingen. Auch die ein | |
Ministeramt anstrebenden Christdemokraten Helge Braun aus Gießen und | |
Hermann Gröhe aus der niederrheinischen Gemeinde Uedem lassen sich | |
keineswegs als Norddeutsche kategorisieren. | |
Und wen hat die SPD zu bieten? Katarina Barley aus Köln, Barbara Hendricks | |
aus Kleve und Heiko Maas aus Saarlouis. Einzig und allein Olaf Scholz und | |
Eva Högl – beide aus Osnabrück – dienen als norddeutsches Feigenblatt. | |
Wobei man nicht vergessen sollte, dass die niedersächsische Stadt Osnabrück | |
hart an der Grenze zu Nordrhein-Westfalen liegt und immerhin vier | |
Autostunden von Flensburg entfernt ist. | |
Im Koalitionsvertrag haben CDU, CSU und SPD jedoch versprochen, „einen | |
neuen Zusammenhalt für unser Land“ zu bewirken. Worte, die im Jahre 147 | |
nach der Gründung des Deutschen Reichs wie kalter Hohn wirken. „Für uns ist | |
das ein Schlag ins Gesicht“, haben die niedersächsischen und die | |
schleswig-holsteinischen Landesverbandsvorsitzenden ihrer Partei, Stephan | |
Weil und Ralf Stegner von der SPD und Bernd Althusmann und Daniel Günther | |
von der CDU, in einer gemeinsamen Pressekonferenz erklärt und die Frage | |
aufgeworfen: „Soll der Weißwurstäquator die neue Demarkationslinie werden, | |
die Deutschland wie ein Eiserner Vorhang in zwei Hälften teilt?“ | |
## Nord-Süd-Dialog | |
Sascha Aulepp, die Landesvorsitzende der SPD Bremen, hat zur Mäßigung | |
aufgerufen. Sie befürwortet einen „Nord-Süd-Dialog“, in dem Gemeinsames, | |
aber auch Trennendes zur Sprache kommen dürfe. Unterstützt wird sie dabei | |
von der Theologin Margot Käßmann, die viele Jahre lang als Bischöfin der | |
evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannover gewirkt hat und sich jetzt | |
für einen „Runden Tisch“ einsetzt, an dem alle potenziellen Ministerinnen | |
und Minister unabhängig von ihrer Herkunft Platz nehmen und ein Bekenntnis | |
zum nationalen Zusammenhalt ablegen sollen. | |
Insidern zufolge hegt Margot Käßmann ihrerseits Ambitionen auf ein neu zu | |
schaffendes Bundesministerium für Streitkultur. Da sie aus Marburg an der | |
Lahn stammt, wird sie in Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Bremen und | |
Hamburg freilich nur von Zugezogenen für voll genommen. | |
Einen originellen Beitrag zur Debatte hat die Junge Union Husum | |
beigesteuert: Die Minister sollten nach einem geografischen | |
Rotationsprinzip alle sechs Monate gegen einen Nachfolger ausgetauscht | |
werden, dessen Geburtsort mindestens 600 Kilometer weit von dem seines | |
Vorgängers entfernt liege. Ostfriesische Jungsozialisten haben hingegen ein | |
Losverfahren für die Besetzung der Ministerämter ins Gespräch gebracht: | |
Dann könne keiner mehr behaupten, dass der eine oder andere Minister nur | |
wegen seiner landsmannschaftlichen Abstammung ernannt worden sei. | |
## Verein der Blonden e.V. | |
Unterdessen droht der Großen Koalition Ungemach von ganz anderer Seite: Der | |
in Paderborn ansässige Verein der Blonden in Deutschland e. V. hat moniert, | |
dass dem neuen Kabinett zu viele brünette, dunkelhaarige und ergraute | |
Minister angehörten, und der Deutsche Astrologen-Verband e. V. erwägt eine | |
Klage vor dem Bundesverfassungsgericht, um die Vereidigung von wenigstens | |
zwei Ministern mit dem Sternbild Schütze und dem Aszendenten Wassermann zu | |
erzwingen, weil das aus etwas verwickelten Gründen geboten sei. Ganz zu | |
schweigen von jener Bad Pyrmonter Selbsthilfegruppe der Hammerzehenkranken, | |
die jüngst in den Vorabendnachrichten mit einem Sitzstreik von sich reden | |
machte und die Ernennung eines Ministers mit Hammerzehen forderte, um | |
endlich nicht mehr im gesellschaftlichen Abseits verharren zu müssen. | |
Und was ist überhaupt mit den Scheidungskindern, die Canasta spielen können | |
und erst zweimal Urlaub auf den Balearen gemacht haben? Oder mit den | |
alleinerziehenden Automechanikertöchtern, die mehr als drei Sisalteppiche | |
besitzen? Werden auch diese Personengruppen im neuen Kabinett hinreichend | |
vertreten sein? | |
Fragen über Fragen. Angela Merkel wird sie beantworten müssen. | |
12 Feb 2018 | |
## AUTOREN | |
Gerhard Henschel | |
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