| # taz.de -- Kommentar Stereotype über Fußballprofis: Gar nicht mal so blöd | |
| > Seit der Freiburg-Stürmer Nils Petersen gesagt hat, er fühle sich | |
| > intellektuell unterfordert, kocht die Klischeeküche. Zu Unrecht. | |
| Bild: Studiert übrigens BWL: der Freiburger Stürmer Nils Petersen. | |
| Fußballprofis haben es verdammt schwer – das ist ein Satz, der eigentlich | |
| allen vorbehalten ist, die gern Ironie markieren wollen. Achtung, jetzt | |
| wird es lustig! Aber an dieser Stelle ist dieser Satz verdammt ernst und | |
| sogar wertschätzend gemeint. Unerträglich muss es sein, sich ständig mit | |
| der Dummheit der Welt herumschlagen zu müssen. | |
| Denn der normale Fußballprofi gilt als doof. Wie das Gesetz der Schwerkraft | |
| zählt dies zum gesicherten Wissen. Auch zum Allgemeinwissen zählt, dass man | |
| den Urheber des Satzes „Mailand oder Madrid, Hauptsache Italien“ benennen | |
| kann. Outet sich hingegen mal ein Profifußballer als Romanleser und | |
| Museumsbesucher, dann wird er vorgeführt wie ein Zirkuslöwe, der Klavier | |
| spielen kann. | |
| In den vergangenen Tagen hat sich also schon wieder so eine Diskussion um | |
| die angebliche Doofheit der hauptberuflichen Fußballer entsponnen. Auslöser | |
| war der Freiburger Profi Nils Petersen, der sich in einem | |
| [1][Focus-Interview] zur intellektuellen Unterforderung in seinem Beruf | |
| geäußert hat. Die Häme der ganzen Nation war ihm damit gewiss. | |
| Haufenweise Bücher und Museumskarten wurden ihm zugeschickt. Und als | |
| Petersen maßgeblich dafür sorgte, dass Köln trotz eines 3:0-Vorsprungs | |
| gegen Freiburg verlor, titelte die Bild: „Köln zu blöd für Petersen“. | |
| Obendrein entdeckte die Berliner Zeitung auch noch eine [2][Studie], nach | |
| der die Profis im deutschen Fußball größtenteils unqualifiziert sind, um | |
| nach ihrer Karriere im Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. | |
| Die dämliche Debatte über die intellektuelle Dürftigkeit der Profikicker | |
| will gar kein Ende nehmen. Und Kronzeuge Petersen wird immer wieder ins | |
| Kreuzverhör genommen. Dabei stellte sich heraus, dass der Freiburger | |
| Stürmer nebenbei BWL studiert. Den Ermittlungseifer der Blödheitsforscher | |
| hat das nicht im mindesten ausgebremst, ebensowenig wie der Umstand, dass | |
| mittlerweile zwei Drittel der Profis Abitur haben. | |
| Es mag wie überall auch unter den Fußballern Begriffsstutzigere geben. Die | |
| eigentliche Frage von Interesse ist jedoch: Aus welchem Grund erwarten wir | |
| denn Intelligenz, Belesenheit und rhetorische Versiertheit von einem | |
| Fußballprofi? Welcher Anspruch steckt dahinter? Warum wird das nicht auch | |
| von Straßenbahnfahrern, Physiotherapeuten und Sachbearbeitern auf den | |
| Behörden eingefordert? | |
| Übrigens: Von Nationalspieler Sami Khedira mal abgesehen hat sich keiner | |
| der Fußballprofis bislang auf diese sinnlose Debatte eingelassen. Das ist | |
| verdammt klug. | |
| 13 Jan 2018 | |
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| [2] https://www.berliner-zeitung.de/sport/-erhebliche-defizite--deutschen-fussb… | |
| ## AUTOREN | |
| Johannes Kopp | |
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