# taz.de -- Kommentar Weltweite Strafverfolgung: Kontrolliert Interpol! | |
> Die Polizeiorganisation wird zunehmend von autoritären Staaten | |
> missbraucht, um Dissidenten aufzuspüren. Das muss sich dringend ändern. | |
Bild: Saß zwei Monate in Spanien fest: der Autor Doğan Akhanlı, hier mit Kö… | |
Vor wenigen Monaten stellte Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) die | |
bisherige polizeiliche Zusammenarbeit mit der Türkei endlich in Frage – | |
eine Polizeikooperation, die sich auf allen Ebenen recht intensiv | |
gestaltete. Zwar ist diese Zusammenarbeit seit 2017 zurückgefahren worden, | |
doch angesichts der prekären Entwicklung und der katastrophalen | |
Menschenrechtslage in der Türkei hätte sie schon längst einer eingehenden | |
kritischen Überprüfung und stärkeren Korrektur unterzogen werden müssen. | |
Wie missbrauchbar eine solche Kooperation sein kann, das zeigen die Fälle | |
[1][des Schriftstellers Doğan Akhanli aus Deutschland] und [2][des | |
Journalisten Hamza Yalçin] aus Schweden – beide ursprünglich aus der Türkei | |
stammend. Die türkische Regierung instrumentalisierte Interpol, um die | |
beiden Regimekritiker in Spanien mit dem Ziel festnehmen zu lassen, sie an | |
die Türkei auszuliefern. | |
Interpol ist die größte Polizeiorganisation der Welt für | |
grenzüberschreitende polizeiliche Zusammenarbeit. Sie ist ein | |
privatrechtlicher Verein, ohne völkerrechtliche Legitimation und | |
demokratische Kontrolle. Derzeit hat Interpol 190 Mitgliedstaaten, darunter | |
zahlreiche Diktaturen und autokratische Regime. | |
Trotz politischer Neutralitätspflicht wird Interpol zunehmend von korrupten | |
und autoritären Staaten dazu missbraucht, politische Dissidenten weltweit | |
aufzuspüren, festnehmen und ausliefern zu lassen. Es ist höchste Zeit, | |
diesen gefährlichen Missbrauch des Interpol-Systems zu politischer | |
Verfolgung zu stoppen und Interpol einer unabhängigen Kontrolle zu | |
unterziehen, um künftig willkürliche Verhaftungen und Auslieferungen zu | |
verhindern. | |
Interpol-Fahndungslisten sollten systematisch nach Fahndungsersuchen der | |
Türkei durchsucht werden, die Bundesbürger*innen und hier lebende | |
Migranten betreffen; diese müssten dann durch die Sicherheitsbehörden vor | |
möglicher Repression und Reisen ins Ausland gewarnt werden – was im Fall | |
Doğan Akhanli offenbar unterblieben ist. | |
9 Jan 2018 | |
## LINKS | |
[1] /Schriftsteller-Akhanl-zurueckgekehrt/!5456277 | |
[2] /Festnahme-auf-Bitten-der-Tuerkei/!5435435 | |
## AUTOREN | |
Rolf Gössner | |
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