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# taz.de -- Beim Tag der offenen Moschee in Berlin: Geborgenheit in alter Autow…
> Tausende Besucher haben am Tag der Deutschen Einheit die Gelegenheit
> genutzt, einen Blick in Moscheen zu werfen. In Berlin waren 20 geöffnet.
Bild: Schuhe bitte ausziehen – vor der Şehitlik-Moschee
Berlin taz | Einer der kältesten Tage in diesem Herbst bis jetzt – gutes
Wetter also, um sich am Tag der offenen Moschee eines der rund 20 aus
diesem Anlass für alle offenen islamischen Gotteshäuser anzusehen. Jene
gemütlichen Orte also, die stets mit dicken Teppichen ausstaffiert sind und
die nicht nur deshalb oft mehr Wärme ausstrahlen als viele christlichen
Gotteshäuser.
Es gibt einige prunkvolle Moscheen in dieser Stadt, allen voran die
Şehitlik-Moschee in Tempelhof. Die meisten aber sind von außen kaum
erkennbare kleinere Hinterhofmoscheen, die auch aus Geldmangel in früheren
Gewerbegebäuden eingerichtet sind. Eine davon ist die Yunus-Emre-Moschee,
gelegen über einem Teppichgeschäft in der Reinickendorfer Straße im
Wedding.
Auf die Frage, ob er sich nicht manchmal eine schöne Kuppel oder Minarette
wünscht, wird der ebenso freundliche wie höfliche Doğukan, der später noch
zum türkischen Tee laden wird, ein bisschen rot. Der 17-Jährige kennt diese
Moschee, seit er klein ist; er lehrt seit Kurzem den Nachwuchs, wie man den
Koran liest, und nimmt an diesem Dienstag die nichtmuslimischen Besucher in
Empfang.
Er ist stolz auf seine Moschee. „Die Säulen der ersten Moscheen bestanden
aus Dattelbaumstämmen“, sagt er. Viel wichtiger aber findet er, worum es in
dieser Moschee gehe: den Dialog mit anderen Muslimen aus aller Herren
Länder, weshalb die Freitagspredigt hier auf Türkisch, Arabisch und
demnächst auch auf Deutsch abgehalten wird. Aber auch der Austausch mit
anderen Religionen, weshalb es hier Kooperationen mit christlichen und
jüdischen Gotteshäusern gibt.
Doğukan gehört der sogenannten dritten Generation an. Seine Großeltern
kamen als Gastarbeiter aus der Türkei nach Deutschland, er wirkt ebenso
gebildet wie traditionsbewusst – aber nicht konservativ. Dasselbe gilt für
seine Glaubensgenossinnen Teyza und Elif, 18 und 21 Jahre alt. Einige Ecken
weiter führen sie durch die Hacı-Bayram-Moschee in der Koloniestraße. Es
ist eine Moschee des Berliner Landesverbands der konservativen Islamischen
Gemeinschaft Millî Görüş, der größten muslimischen Organisation
hierzulande, die für Kopftuch, Geschlechtertrennung und einen rigiden
Moralkodex steht.
## 600 Kinder in der Koranschule
Zumindest hier, in einer ehemaligen Autowerkstatt, scheint all das eher
unwichtig zu sein. Teyza und Elif, die jeden Gast überschwänglich mit einer
roten Rose begrüßen und nach ihrer Führung zum kalten Buffet einladen, sind
wie Doğukan ehrenamtliche Erziehende und geleiten gern durch die
zahlreichen Klassenräume. Etwa 600 Kinder gehen hier in die Koranschule.
Die beiden wortgewandten Frauen schwärmen davon, wie tolerant es zugehe.
„Manchmal kommen auch Kinder, deren Eltern gar nicht religiös sind“, sagt
Elif. „Sie sollen dann selbst entscheiden, ob sie den muslimischen Glauben
annehmen wollen oder nicht.“
Auch Teyzas und Elifs Großeltern kamen aus der Türkei. Sie wirken
weltoffen. Ihre 35 Jahre alte Moschee kennen sie, seit sie Kinder waren.
Für sie ist der mit viel Mühe und Akribie hergerichtete und gepflegte Ort,
dem man die Autowerkstatt trotzdem noch immer anmerkt, zu einem Zuhause
geworden.
Von der Hacı-Bayram-Moschee geht eine Geborgenheit aus, die auch die ersten
Besucher dieses Nachmittags spüren: eine junge Familie aus Buch, die sich
ein wenig weiterbilden möchte. Uta, 40 Jahre alt, sagt: „Ich wünschte, in
unseren christlichen Gemeinden würde es immer noch so familiär zugehen.“
3 Oct 2017
## AUTOREN
Susanne Messmer
## TAGS
Islamverbände
Moschee
Muslime in Deutschland
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