| # taz.de -- Spendabler Verleger: Neue Bilder alter Meister | |
| > Mit der bedingungslosen Schenkung seiner Gemälde-Sammlung schließt der | |
| > Bremer Verleger Carl Eduard Schünemann Lücken der Kunsthallen-Sammlung. | |
| Bild: Ein Ständchen vorm Zu-Bettgehen. | |
| BREMEN taz |Um 35 Bilder reicher geworden ist die Bremer Kunsthalle: Der | |
| 1925 geborene Carl Eduard Schünemann, dritter dieses Namens in der Bremer | |
| Verleger-Dynastie, hat dem Museum seine Gemäldesammlung geschenkt. Sie | |
| ergänzt einerseits durch eine toskanische Madonna vom Beginn des 15. | |
| Jahrhunderts dessen Renaissance-Bestände. Vor allem aber „stellt sie die | |
| größte geschlossene Sammlung zur alten niederländischen Malerei dar, die | |
| das Museum je erhalten hat“, so Dorothee Hansen, Gemäldekustodin der | |
| Kunsthalle. „Die letzte Sammlung dieser Art mit vergleichbarem Umfang haben | |
| wir im 19. Jahrhundert bekommen.“ | |
| In dessen erster Hälfte hatte sowohl die Kunstphilosophie Hegels und seiner | |
| Schüler als auch die Dichtung sich in die altniederländische Malerei | |
| verguckt. Goethe schwärmt von ihr, „eben weil du damit nicht fertig werden | |
| wirst“: Unerschöpfliche Schönheit, ewig zwischen Realismus und tieferer | |
| Bedeutung vexierende Rätsel. Entsprechend war sie auch in den Anfangsjahren | |
| des Kunstvereins dessen bevorzugtes Sammlungsgebiet. Und entsprechend ist | |
| das Museum mit ihr nie fertig geworden: Kunsthallendirektor Gustav Pauli | |
| musste um 1900 mit seinen Geldern haushalten. Er „ging vor allem mit kluger | |
| Einsicht der Versuchung aus dem Wege, auch alte Bilder zu sammeln und seine | |
| Mittel so zu verzetteln“, [1][beschreibt] 1913 der Kunstkritiker Karl | |
| Scheffler das Prinzip. In Bremen war das umstritten – denn gerade im | |
| nationalistischen Kunstdiskurs erfuhr die flämische Malerei eine neuerliche | |
| Hausse. | |
| Nicht zufällig fanden bedeutsame Ankäufe für die Altniederländer-Abteilung | |
| dann 1940 unter Paulis Nachfolger statt: Der damalige Bürgermeister | |
| Heinrich Böhmcker hatte Kunsthallendirektor Emil Waldmann mit auf eine | |
| Shoppingtour nach Amsterdam genommen: „Eine von den Deutschen bevorzugte | |
| Raubmethode war „Raub durch Kauf“ schreibt der niederländischen Historiker | |
| Gerard Aalder über derartige Unternehmungen. „Die Beute“ – so Böhmckers | |
| eigener Ausdruck – war dann im Rathaus unter großem Hallo! verteilt worden. | |
| Vier Gemälde erhielt der Kunstverein, die dann jedoch 1946 von der | |
| US-Militärregierung beschlagnahmt und an die Niederlande abgegeben wurden. | |
| Zu Unrecht, [2][vermutet]e man in der Kunsthalle noch 2014. | |
| Die Schünemann-Sammlung ist über derartige Zweifel erhaben. Erst ab Ende | |
| der 1960er soll der Kunstliebhaber sich gezielt auf die Suche nach Schätzen | |
| jener Kunst begeben haben, die faszinierend detailreiche | |
| Gegenstandsbehandlung und symbolische Aufladung miteinander verschmilzt, | |
| beispielsweise in Blumenstillleben. „Davon hatten wir bislang null, jetzt | |
| haben wir vier“, erläutert Hansen, „und zwar ausgesprochen hochwertige | |
| Arbeiten.“ Aus einer schmerzlichen Lücke wird eine Stärke der Bremer | |
| Sammlung, die sie bei den heutigen Kunstmarktpreisen nie selbst hätte | |
| aufbauen können. | |
| Trotzdem ist es „eine bedingungslose Schenkung“, so Hansen auf Nachfrage. | |
| Das ist wichtig. Denn, dass gut betuchte Sammler kaufen können, was Museen | |
| gerne hätten, erhöht ihren Einfluss aufs Programm mitunter | |
| überproportional: Oft werden an die Überlassung der Kunst Auflagen | |
| geknüpft. Und neben nachvollziehbaren Forderungen gibt’s mitunter auch | |
| grenzwertige Bedingungen, wie Pflichtausstellungen. So hatte das Museum im | |
| Lübecker St. Annen-Kloster 2005 die Sammlung der Hamburger Getreidekauffrau | |
| Leonie von Rüxleben bekommen. | |
| Die ist umfangreich und hochwertig. Einzigartig aber ist ihre Konzentration | |
| auf die Gattung Selbstporträt. Vertragsbedingung war, dass das Museum jedes | |
| Jahr eine Ausstellung mit ihr bestreitet. Man hat sich dort dann auf einen | |
| alphabetischen Zugang besonnen und [3][produziert mittlerweile] die Folge | |
| „Meid bis Z“. Kommendes Jahr wird man sich allerdings etwas Neues einfallen | |
| lassen müssen. | |
| Für die Bremer Kunsthalle wäre so etwas nicht infrage gekommen: “Wir | |
| vermeiden eigentlich immer, uns durch bestimmte Auflagen zu binden“, stellt | |
| Hansen klar. „Ganz in der Tradition hanseatischen Mäzenatentums“ stehe | |
| entsprechend auch die jetzige Schenkung. „Wir freuen uns riesig“, sagt sie. | |
| Bereits im April wird der Schünemann-Sammlung eine Ausstellung gewidmet, | |
| Titel: „Tulpen, Tabak, Heringsfang“. Dafür entsteht ein Katalog – und au… | |
| eines ihrer Prunkstücke wird heimgekehrt sein von einer Welttournee: Eine | |
| hintersinnige „Serenade“ des Musik-Szenen-Spezialisten Jakob Lucasz | |
| Ochtervelt (1634–1682) ist Teil der epochalen Ausstellung „Vermeer et les | |
| maîtres de la peinture du genre“. Die war im Sommer vom Musée du Louvre in | |
| die Irische Nationalgalerie nach Dublin [4][weitergezogen]. Ende September | |
| schließt sie dort, um am 22. 10. in Washington DC zu eröffnen. | |
| 10 Sep 2017 | |
| ## LINKS | |
| [1] http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/kk1913/0101?sid=3363dc5c45a75f467ba… | |
| [2] https://www.bremische-buergerschaft.de/drs.../2017-08-23_Drs-19-1199_631d6.… | |
| [3] https://kunsthalle-st-annen.de/de/Von-Meid-bis-Z-Sammlung-Leonie-von-Ruexle… | |
| [4] http://www.louvre.fr/expositions/vermeer-et-les-maitres-de-la-peinture-de-g… | |
| ## AUTOREN | |
| Benno Schirrmeister | |
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