# taz.de -- Journalisten in Haft: Einfach mal das Gegenteil tun | |
> Vor sechs Monaten begab sich Deniz Yücel freiwillig zur Polizei. Seither | |
> sitzt er im Gefängnis. Die Bundesregierung muss handeln. Vielleicht mit | |
> neuen Strategien. | |
Bild: Die Vorwürfe gegen ihn sind absurd. #FreeDeniz | |
Seit sechs Monaten kann Deniz Yücel nicht mehr selbst entscheiden, wo er | |
hingeht, wen er trifft, ob er arbeitet, Urlaub oder blau macht, ob er ein | |
Interview führt oder lieber einen trinken geht. Seit sechs Monaten ist | |
Deniz eingesperrt. | |
Die Vorwürfe gegen ihn sind dieselben absurden Vorwürfe wie gegen hunderte | |
andere Journalisten und tausende andere in der Türkei: Terrorismus, | |
Terrorpropaganda, Volksverhetzung, … Man braucht nur eine Chat-App auf dem | |
Mobiltelefon installiert zu haben und schon wird man verdächtigt, Teil | |
einer terroristischen Verschwörung gegen die Regierung zu sein. | |
Die Bundesregierung ist im Stress. Außenminister Gabriel will nicht, dass | |
„die Konflikte immer schärfer werden“, ließ er letzte Woche wissen. Das | |
könne dazu führen, dass deutsche Staatsbürger noch länger im Gefängnis | |
sitzen bleiben. | |
Das ist vielleicht richtig. Vielleicht aber auch nicht. Wir haben | |
schließlich gesehen, wie hektisch die türkische Regierung darum bemüht war, | |
die deutschen Unternehmen zu beruhigen, als Gabriel mit ernsthaften | |
wirtschaftlichen Einschränkungen drohte. | |
## Niemand fordert eine Abkehr von der Türkei | |
Es blieb bei der Drohung. Die bisherige Zurückhaltung in Wirtschaftsfragen | |
aber hat nicht deeskalieren können: Nach der Inhaftierung des deutschen | |
Staatsbürgers Deniz Yücel sind weitere Deutsche festgenommen worden, von | |
denen wir zwei mit Namen kennen: die Journalistin Meşale Tolu und der | |
Menschenrechtler Peter Steudtner. Die Berichte über deutsche und andere | |
EU-Staatsbürger, die an der Einreise in die Türkei gehindert, von dort | |
abgeschoben, dort festgehalten oder in irgendeine Zelle gesperrt werden, | |
häufen sich immer mehr. | |
Der Außenminister hat wiederholt von sich gewiesen, dass ein Abbruch der | |
diplomatischen Beziehungen mit der Türkei, der Austritt des Landes aus der | |
Nato, das Ende der EU-Beitrittsverhandlungen eine gute Idee sei. Aber wer | |
hat das überhaupt gefordert? | |
Niemand, der bei Trost ist, denn man könnte dem amtierenden Präsidenten der | |
Türkei kein größeres Wahlgeschenk machen als ihn weiter vom Westen zu | |
isolieren. Und man könnte es den türkischen Bürgern kaum schwerer machen, | |
sich weiter für Demokratie zu engagieren als ihnen die Tür vor der Nase | |
zuzuschlagen. | |
Vielleicht ist es die bessere Idee, einfach das Gegenteil zu tun. Man | |
könnte der Türkei neben den schon bestehenden vereinfachten | |
Reisebedingungen von Waren auch den Menschen erlauben, einfacher in die EU | |
zu reisen. Wenn die EU die türkischen Staatsbürger mit offenen Armen | |
willkommen heißt, könnte es dazu führen, dass Erdoğan die Argumente | |
ausgehen. Vielleicht | |
14 Aug 2017 | |
## AUTOREN | |
Doris Akrap | |
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