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# taz.de -- Nach der Wahl im Senegal: Sall gegen Sall
> Khalifa Sall, Bürgermeister von Dakar und Möchtegern-Oppositionsführer
> gegen Präsident Macky Sall, sitzt im Knast. Und im Parlament.
Bild: Die Unterstützer des Präsidenten Macky Sall feiern nach der Wahl
DAKAR taz | Mal hat jemand „Khalifa voleur“ – Dieb Khalifa – in Rot auf
eine der grauen Mauern von Dakar geschrieben. Zugleich aber wird der
Bürgermeister der senegalesischen Hauptstadt als politischer Gefangener
bezeichnet. Tatsächlich ist Khalifa Sall seit März in Haft, weil ihm die
Veruntreuung von umgerechnet 2,5 Millionen Euro vorgeworfen wird. Nach
Senegals Parlamentswahl vom 30. Juli dreht sich alles um ihn – dabei ist er
der tragische Verlierer des Urnengangs, der als richtungsweisend für
Senegals Präsidentschaftswahl 2019 gilt. Er selbst wurde zwar ins Parlament
gewählt. Doch seine Koalition Mankoo Taxawu Senegal (MTS) hat gerade einmal
sieben von 165 Mandaten errungen.
Khalifa Sall galt als jemand, der 2019 Präsident Macky Sall – die beiden
sind nicht miteinander verwandt – Wählerstimmen abnehmen könnte. Der
Bürgermeister von Dakar war beim jungen, städtischen Publikum beliebt.
Ausgerechnet Dakars junge Wählerschaft hatte noch vor fünf Jahren sehr
geschlossen hinter Macky Sall gestanden, was zur spektakulären Abwahl des
Amtsinhabers Abdoulaye Wade geführt hatte – ein Machtwechsel, den sich eine
jugendliche Protestbewegung auf die Fahnen schrieb. Khalifa Sall wollte nun
diese Jugend vertreten.
Dass er bei der Parlamentswahl nun so schlecht abschnitt, kann aus Sicht
seiner Anhänger nur bedeuten, dass die Ergebnisse gefälscht sowie die
Wahlgesetze verletzt wurden. So hat es Babacar Thioye Ba, Sprecher der
MTS-Koalition, genannt. Am liebsten würde man den Urnengang annullieren
lassen. Unterstützung dafür gibt es aus der Zivilgesellschaft, die
Beschwerde eingereicht hat. Ihrer Einschätzung nach konnten „Tausende
Menschen“ nicht wählen, weil die Wählerkarten nicht fertig wurden und sich
Namen registrierter Wähler nicht auf den Wählerlisten fanden.
## Anwälte pochen auf Khalifa Salls Immunität
Aber immerhin hat es der inhaftierte Khalifa Sall ins Parlament geschafft,
und nun pochen seine Anwälte auf die Immunität des Abgeordneten und
versuchen, eine Freilassung zu erwirken. Ein Berater des Bürgermeister,
Moussa Taye, hat vergangene Woche gesagt, Sall sei im Gefängnis Rebeuss
isoliert und dürfe nicht einmal Familienangehörige empfangen.
Khalifa Sall ist seit 2009 Bürgermeister von Dakar, was in Senegal als die
einflussreichste politische Position außerhalb der Regierung gilt.
Unterstützer bezeichnen ihn als „weise und klug“. Bei seiner Wahl wurde der
studierte Historiker und Verfassungsjurist als bekennender Sozialist
beschrieben. Dass er das Präsidentenamt anstrebt, darüber ist schon vor
Jahren spekuliert worden. Deshalb hat er möglicherweise auch einen
Ministerposten ausgeschlagen, den Macky Sall ihm angeboten haben soll. Als
Bürgermeister von Dakar lässt es sich besser Politik machen.
Die neueste Runde ist nun aber an Amtsinhaber Macky Sall und dessen
Koalition Benno Bokk Yakaar (BBY) gegangen, die mit 125 von 165 Sitzen
sogar zulegen konnte. Das liegt nicht unbedingt an ihrer Popularität,
sondern auch an der zersplitterten Opposition. Dabei fällt die Bilanz des
55-jährigen Präsidenten durchwachsen aus. Er macht zwar gerne Werbung für
erneuerbare Energien. Doch ihm ist es nicht gelungen, die Abwanderung zu
stoppen. Laut dem UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR überquerten allein in der
ersten Jahreshälfte 2017 4.834 Senegalesen das Mittelmeer.
Der heimliche Sieger der Parlamentswahl ist ausgerechnet der 2012
abgewählte, inzwischen 91-jährige Expräsident Abdoulaye Wade mit der
Koalition Wattu Senegal, die nun mit 19 Sitzen die stärkste
Oppositionskraft ist. Nachdem Wade nach seiner Niederlage 2012 nach
Frankreich gegangen war, inszenierte er nun eine spektakuläre Rückkehr.
Dass er sich selbst 2019 erneut zur Wahl stellt, ist recht ausgeschlossen.
Doch sein Sohn Karim (48) könnte es versuchen. Er zeichnet für viele der
umstrittenen Infrastrukturprojekte verantwortlich, mit denen Dakar während
Wades Amtszeit modernisiert wurde. Aber er befindet sich im Exil in Katar,
nachdem er 2015 wegen illegaler Bereicherung zu sechs Jahren Haft
verurteilt und nur ein Jahr später überraschend begnadigt wurde.
24 Aug 2017
## AUTOREN
Katrin Gänsler
## TAGS
Senegal
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