# taz.de -- Wochenmärkte darben: Über allen Ständen ist Ruh | |
> Die Nachfrage auf Bremens Wochenmärkten ist rückläufig. Suchld sind | |
> Bio-Angebote von Discountern und veränderte Gewohnheiten. | |
Bild: Selbsterzeugtes am Domshof: Bauer Werner Jünpsche und seine Markt-Mitarb… | |
Bremen taz | Regen fällt auf die Stände des Markts am Domshof, einer der | |
größten Wochenmärkte in Bremen. Zwischen Fleisch- und Käsespezialitäten, | |
Obst- und Gemüse bahnen sich kleine Rinnsale ihren Weg durch das | |
Kopfsteinpflaster. Erste KundInnen trotzen der Nässe und schlendern von | |
Stand zu Stand. „Viele schätzen den direkten Kontakt zum Bauern, der die | |
Ware auch produziert“, sagt Werner Jünpsche, der selbst angebaute | |
Kartoffeln, Zwiebeln und Tomaten auf dem Domshof anbietet. Doch seine | |
Kundschaft wird weniger. Ohne Stammkunden, bekennt Jünpsche, hätte er | |
„keine Chance“. | |
Was sich am Domshof im Kleinen andeutet, beschreibt ein allgemeines | |
Problem: Die Nachfrage auf den Wochenmärkten ist rückläufig. Bereits zwei | |
Märkte mussten in Blumenthal und Huckelriede deswegen schließen. „Unter | |
Druck stehen vor allem kleinere Märkte“, sagt Uwe Kluge, Geschäftsführer | |
der Bremer Großmarkt GmbH und zuständig für die 31 Bremer Wochenmärkte. Er | |
sieht den Grund für die rückläufige Entwicklung im Ausbau der | |
Frische-Abteilungen in Supermärkten und bei Discountern. „Die fahren eine | |
aggressive Preispolitik, der der Einzelhandel nur schwer standhalten kann.“ | |
## Problem Niedrigpreise | |
Doch auch das Kaufverhalten der VerbraucherInnen ist für Kluge | |
mitverantwortlich. Die KonsumentInnen hätten sich an Niedrigpreise gewöhnt | |
und seien nicht mehr bereit, für gute Qualität mehr Geld auszugeben. | |
Zugleich erklärt Kluge, dass das Bio-Segment bei Lebensmitteln wachse – | |
entgegen der Besucherzahl bei Wochenmärkten. Er fordert deshalb, dass sich | |
die Menschen erinnern, was sie am Markt hätten: „kurze Wege, regionale | |
Produkte und garantiert frische Ware“. | |
Für Bauer Jünpsche hingegen, der seit Jahrzehnten den Domshof mit seinen | |
Produkten anfährt, passt der Markt nicht mehr zum Alltag jüngerer Leute. Zu | |
Zeiten seines Vaters gingen die Menschen noch vor ihrer Arbeit und | |
vormittags, in ihrer ersten Pause auf den Markt, erinnert er sich. | |
Mittlerweile seien die meisten jedoch von ihrer Tätigkeit zu eingenommen | |
und würden sich etwas Warmes unterwegs besorgen. | |
Als strukturelles Problem versteht auch Andrea Eichinger, Marktmeisterin | |
für Wochenmärkte in Bremen und Bremerhaven, die missliche Lage der | |
Wochenmärkte. Für sie fehle den meisten Menschen einfach die Zeit. | |
Nachmittagsmärkte, die bis 16 oder 18 Uhr ihre Produkte anbieten, könnten | |
darauf eine Antwort sein. „Doch die Verkäufer sträuben sich dagegen“, sagt | |
Eichinger. Längere Öffnungszeiten würden mehr Personalkosten und einen zu | |
hohen Aufwand bedeuten. Für viele Anbieter beginne der Arbeitstag bereits | |
um zwei oder drei Uhr morgens, wegen Anfahrt und Standaufbau. „Die können | |
dann nicht bis 18 Uhr da stehen.“ | |
## Problem Überalterung | |
Dieter Reinken, arbeitsmarktpolitischer Sprecher der Bremer SPD, verweist | |
auf Nachmittagsmärkte in anderen Städten. Hier seien verlängerte | |
Öffnungszeiten kein Problem. Dass dieser Vorschlag in Bremen so unpopulär | |
ist, liegt für Reinken am mangelnden Nachwuchs. Viele, die den Wochenmarkt | |
beliefern, seien einfach zu alt für die schwere Arbeit in größerem Umfang. | |
Zugleich fehle es an jungen Menschen, die die Arbeit übernehmen und | |
umgestalten. Maßnahmen gegen das Nachwuchsproblem schweben der SPD jedoch | |
„noch nicht vor“, so Reinken. | |
Ideen kommen von anderer Seite. Großmarkt und Marktkaufleute erproben | |
derzeit ein alternatives Marktkonzept in Findorff. Es umfasst verlängerte | |
Öffnungszeiten bis in die Abendstunden und eine Mischung aus Wochen- und | |
Spezialmarktangeboten. Erste Ergebnisse bleiben aber derzeit noch geheim. | |
„Das ist kein einfaches Thema“, mahnt Kluge, „da wir das Konzept an vielen | |
Standorten diskutiert haben – bis auf Findorff ohne Erfolg.“ | |
12 Jul 2017 | |
## AUTOREN | |
Florian Schlittgen | |
## TAGS | |
Einzelhandel | |
Bio-Lebensmittel | |
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