# taz.de -- Die Wahrheit: Hummer für Hrubesch | |
> Nichts als die nackte Wahrheit: Wie der ZDF-Moderator Claus Kleber in den | |
> Siebzigern auf den legendären Lerchenberg zu Mainz geriet. | |
Bild: Ist das wahrhaftig die zauberhafte ZDF-Frau Petra Gerster 1976 mit Toupet… | |
Oktober 1976, ein kühler Sonntagmorgen kurz vor 7 Uhr, knapp außerhalb der | |
Ortsgrenze von Wuppertal: Unbeachtet von der Öffentlichkeit trifft sich | |
Claus Kleber, zu der Zeit noch Lokalreporter bei den Wumsdorfer | |
Nachrichten, höchst konspirativ mit einem Informanten. Was dieser erzählt, | |
könnte die Welt verändern, heißt es. Doch vielleicht ist es zu schön, um | |
wahr zu sein. | |
„Nun rücken Sie schon damit raus!“, blafft der von leidenschaftlicher | |
Ungeduld geplagte Kleber den zigarrepaffenden Whistleblower an, dessen | |
wahre Identität bis heute im Dunkeln liegt. „Also, wenn Sie es denn so | |
wollen …“, setzt dieser an. „Ja, aber klar doch, mach hinne!“, fällt i… | |
Kleber sofort wieder ins Wort. „Nun gut. Es war so, in dem Sarg lag ein | |
Hummer. Er war rot und aromatisch duftend. Sie wollte seine Scheren | |
abbrechen, seinen Panzer knacken“, beginnt der Informant zu erzählen. | |
Kleber zieht die linke Augenbraue damals schon ein paar Millimeter hoch: | |
„Wer?“ – „Na, die Petra.“ Kleber reißt die Augen auf. „Gerster?!!�… | |
– „Ach was!“ – „Wenn ich es doch sage.“ – „Und dann?“ – „… | |
ließ es dann auch bleiben. Aber fragen Sie sie doch selbst.“ | |
Und da tritt sie schon aus dem Schatten. Vor Kleber steht nun die | |
zauberhafte Petra Gerster, jung und hübsch. Sofort gelüstet es ihn nach | |
einem frivolen Zungenkuss, so süß und klebrig wie eine überreife | |
Saftorange. Doch das würde sicher nie geschehen. Denn schon lange ist Petra | |
bis über beide Ohren in Horst Hrubesch verliebt, der aktuell den Weltrekord | |
im Unterwasser-Halma hält. Eigentlich möchte sie mit ihm nur heimlich Gras | |
zusammen rauchen und im VW-Bus bis nach Indien fahren. Aber das sind nur | |
Träume … | |
„Petra, ich darf Sie doch Petra nennen?“, erkundigt sich Kleber stammelnd. | |
„Das ist mein Name“, gibt die scheue Petra zurück. „Also, der Hummer, wie | |
ging das aus?“ – „Nun, wissen Sie, das fing ja im Grunde schon ein Jahr | |
früher an, ich war gerade bei Horst zu Besuch.“ – „Sie meinen Hrubesch?�… | |
„Klar. Also, der Horst, der fütterte seine Katze damals immer mit | |
Hundefutter. Er tat das, um sie härter zu machen, besser abzurichten, zur | |
Kampfkatze auszubilden – zugegeben mit mäßigem Erfolg.“ Kleber gibt sich | |
ahnungslos, er will abwarten, wohin die Geschichte führt. „Das ist ja | |
interessant!“, ermutigt der gewiefte Reporter Petra. „Und ob! Er hatte | |
damals auch einen Freund, Igor oder so, der immer bei ihm rumhing. Der | |
setzte ihm diese Flausen in den Kopf.“ | |
## Hrubeschs ganze Geschichte | |
Petra erzählt ihre ganze Geschichte, von Hrubesch, von Stanislaus und immer | |
wieder von Igor, der unablässig zur Flasche griff, um sein Gemüt zu | |
beruhigen: „Wodka, Gin, manchmal Agavendicksaft.“ Kleber notiert sich | |
alles, bis sein Bleistift zum Stummel heruntergeschrieben ist und sein Kopf | |
raucht. „Das ist ja sensationell“, haucht er. „Deswegen wende ich mich ja | |
an Sie“, antwortet Petra, „und auch weil mir das alles zu viel wird. Wissen | |
Sie, wenn der Igor mal wieder richtig voll war, dann hat der auch schon mal | |
auf’s Kopfkissen geschissen.“ Kleber entgleisen beinahe die Gesichtszüge. | |
„Das könne Sie aber nicht schreiben!“, schiebt Petra hinterher. | |
Da meldet sich der Informant wieder zu Wort: „Deswegen hatte ich Sie auch | |
nicht herbestellt“, macht er klar. Claus Kleber sieht unschlüssig zwischen | |
ihm und der hübschen Petra hin und her. „Schnapp ihn dir!“, ruft der | |
Zigarrenraucher Petra plötzlich zu. Sie schnellt nach vorne und streckt | |
Kleber mit einem Karatekick nieder, sodass er das Bewusstsein verliert. | |
Dann reißen sich die beide ihre Gummimasken herunter. Nun wird klar: Die | |
ganze Geschichte ist erstunken und erlogen. | |
Zwanzig Minuten später erwacht Kleber im Kofferraum eines knallpinken | |
Cadillacs, der nach Kuchen und Gelbwurst riecht. Sein Kopf fühlt sich an | |
wie ein ausgehöhltes Hornissennest. „Wo bringt ihr mich hin!“, schreit er | |
und pocht gegen das nackte Blech. Von vorne scheppert nervöse Banjomusik | |
nach hinten. „Wir fahren nach Mainz!“, raunt eine unangenehme | |
Reibeisenstimme zurück. Scheiße, denkt Kleber, „ich bin in die Falle | |
gegangen“. | |
Wie konnte er nur so dumm gewesen sein, so unvorsichtig? Er war Opfer des | |
skrupellosen Reporterhandels geworden. Er hatte davon gehört, aber nie so | |
recht daran geglaubt. Wohin sie ihn wohl verschleppten? Liefe es blöd, | |
vielleicht sogar zum öffentlich-rechtlichen Fernsehen. | |
31 May 2017 | |
## AUTOREN | |
Thomas de Gruyère | |
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