# taz.de -- Die Wahrheit: Spatzenmoritat | |
> Donnerstag ist Gedichtetag auf der Wahrheit. Die Leserschaft darf sich an | |
> einem Poem über vögelnde Vögel erfreuen. | |
Bild: Ganz schön lüstern, das Federvieh | |
Ein Spatz sah eine Spätzin sitzen | |
Im jugendzarten Federkleid; | |
Sein Blut begann sich zu erhitzen, | |
Denn es war Mai – und Paarungszeit. | |
Er putzte sorgsam sein Gefieder | |
Und pfiff sodann das Repertoire | |
Der schönsten Spatzenliebeslieder, | |
Das freilich recht bescheiden war. | |
Die Spätzin zeigte sich gewogen, | |
Sie piepste freudig „Huch!“ und „Ach!“ | |
Die Ehe ward sogleich vollzogen | |
Auf einem alten Scheunendach. | |
Es folgten Nestbau, Eiablage | |
Und wochenlange Brüterei; | |
Da stellte sich der Spatz die Frage, | |
Ob dies nun die Erfüllung sei. | |
Und als die Brut zur Freude beider | |
Im Nestrund lag in stolzer Zahl, | |
Sprach Vater Spatz, er müsse leider | |
Geschäftlich mal nach Wuppertal. | |
Das war gelogen; seine Reise | |
War mehr privat und informell; | |
Er traf sich dort mit einer Meise | |
In einem billigen Hotel. | |
Was taten Spatzenmann und Meise | |
In jener Nacht in Wuppertal? | |
Sie trieben’s nach der Vögel Weise | |
Wohl sieben- oder siebzehnmal. | |
Am Morgen flog der Spatz nach Hause, | |
Beseligt, aber etwas matt; | |
Sodass ein Falke ihn als Jause | |
Erdolcht und aufgefressen hat. | |
Die Spätzin, ob der trüben Kunde, | |
Ertränkte sich im nahen Teich; | |
Der Spatzennachwuchs ging zugrunde. | |
Den Falken aber traf alsgleich | |
Ein Flintenschuss von Förster Zille, | |
Den drauf ein Traktor überfuhr; | |
Der Fahrer hatte zwölf Promille – | |
Ach! Grausam waltet die Natur! | |
4 May 2017 | |
## AUTOREN | |
Christian Maintz | |
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