# taz.de -- Frankreich-Wahl in der ARD: Wenn's wichtig wird – ein Krimi | |
> Das Erste will mit einer Kampagne sein Image als Informationssender | |
> stärken. Zur Frankreichwahl fehlten Informationen. | |
Bild: Und die ARD? War auch dabei, aber nicht, als es darauf ankam | |
Wo werden die Deutschen aktuell und umfangreich über politische | |
Großereignisse informiert? Falsch, nicht im Ersten. Jedenfalls nicht am | |
Sonntagabend – und das ist mehr als erstaunlich, wenn man bedenkt, wo der | |
Sender laut eigener Aussage seine Prioritäten setzt. | |
„Da kann sich noch vieles ändern“, sagte ARD-Frankreich-Korrespondentin | |
Ellis Fröder kurz nach 20 Uhr in der „Tagesschau“, wenige Minuten nach | |
Veröffentlichung der ersten Hochrechnung. Macron und Le Pen in der | |
Stichwahl – möglicherweise. | |
Mit diesem Fazit entließ das Erste die ZuschauerInnen in den „Tatort“. Ein | |
guter „Tatort“ zwar, mehrfach gelobt für seine originellen Dialoge – aber | |
Ersatz genug für Berichterstattung zu einer Wahl, die über die Zukunft | |
Europas entscheiden könnte? | |
Seit Anfang April fährt die ARD eine Kampagne, mit der sie die Qualität des | |
Ersten als Informationssender herausstreichen will. Titel: „Das Erste – | |
wenn es wichtig wird“. Laut eigenen Erhebungen genießt der Sender nämlich | |
die größte Glaubwürdigkeit bei den FernsehzuschauerInnen. Das ist schön, | |
vor allem, weil alles andere zutiefst beunruhigend wäre. | |
„Zahlreiche Sondersendungen“ verspricht der öffentlich-rechtliche Sender zu | |
den politischen Großereignissen des Jahres. Bloß zur Frankreichwahl gab es | |
keine. Nach dem Wiener „Tatort“ wurde eine fünfminütige Sondersendung | |
eingepfercht, in der Ellis Fröder nur berichten konnte, dass Emmanuel | |
Macron aus dem Auto gestiegen war. Dann schickte Moderator Ingo Zamperoni | |
die ZuschauerInnen in den nächsten Krimi – aber sehr wohl mit dem Hinweis, | |
dass die Frankreichwahl ganz gewiss das „Thema des Tages“ sei. | |
## Besser informiert auf Phoenix | |
Zum Vergleich: Zur US-Wahl feuerten beide öffentlich-rechtlichen Sender ein | |
abend- und nachtfüllendes Programm ab. Zugegeben, die US-Wahl hatte vorweg | |
weitaus mehr emotionalisiert. Aber auch diese Wahl hätte für Europa | |
entscheidend sein können, wären etwa Le Pen und Jean-Luc Mélenchon in die | |
Stichwahl gekommen, zwei KandidatInnen, die sich für den Frexit | |
aussprechen. Was hätte die ARD dann getan? Die Sondersendung auf zehn | |
Minuten verlängert? Oder doch auf die Wiederholung des Schwedenkrimis | |
„Maria Wern“ verzichtet? | |
Ein stundenlanges On-air-Rumgewarte auf Ergebnisse wie bei der US-Wahl | |
braucht selbstverständlich niemand. Aber für den wichtigsten | |
Informationssender Deutschlands wäre es zumindest wünschenswert, dass die | |
ZuschauerInnen live dabei sind, wenn die KandidatInnen ihre Erklärungen | |
abgeben – und dass diese eingeordnet werden. Auch ein Polittalk zum Thema | |
hätte sich angeboten. Aber Anne Wills Osterurlaub lief ja noch. | |
Und so schalteten die Newsjunkies am Sonntagabend auf Nischensender wie | |
Phoenix, der Rest schaute sich eben zwei Krimis an und wusste danach, dass | |
Emmanuel Macron Auto fährt. Wie heißt es in der Informationskampagne der | |
ARD: Das Erste „fördert das Interesse am politischen Geschehen“ und „regt | |
wichtige gesellschaftliche Diskussionen an“. | |
Die Verantwortlichen bei der Programmdirektion von Das Erste, Chefredakteur | |
Rainald Becker und Programmdirektor Volker Herres, gaben auf Anfrage keine | |
Stellungnahme zu der Programmentscheidung ab. Allerdings wird sich auf | |
Dauer die Debatte über die Gewichtung von Politik und Unterhaltung im | |
ARD-Hauptsender nicht umgehen lassen. Nach außen schreibt sich die ARD | |
Information auf die Fahnen, derweil testet sie heimlich die Ausweitung | |
ihrer Boulevardmagazine zulasten der „Tagesschau“ um 17 Uhr – und lässt … | |
Abend der „Schicksalswahl für Europa“ (Zitat aus der „Tagesschau“) Kri… | |
aus der Konserve laufen. | |
25 Apr 2017 | |
## AUTOREN | |
Peter Weissenburger | |
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