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# taz.de -- Kohl gegen Merkel: Mein Gott, Walter
> Walter Kohl rechnet mit Bundeskanzlerin Merkel ab. Sie trage Mitschuld am
> Tod seiner Mutter. Kohls ältester Sohn giert nach Aufmerksamkeit.
Bild: Helmut Kohl im Kreis seiner Familie. Mit dabei im rot-weißen Hemd: Walte…
Walter Kohl hat dem Zeit Magazin [1][ein Interview gegeben]. Anders als
beim Focus oder in der Bunten lässt er es diesmal nicht dabei bewenden,
seinen Vater Helmut als Gefühlsklotz alten bundesrepublikanischen
Zuschnitts dastehen zu lassen. Diesmal ist auch dessen Nachfolgerin fällig.
„Für mich hat Frau Merkel einen nicht unerheblichen Anteil am Tod meiner
Mutter.“ Dieser Satz, also der Vorwurf, Merkel habe mit ihrem Angriff 1999
gegen Kohl billigend den Kummer und späteren Selbstmord von dessen Ehefrau
Hannelore in Kauf genommen, ist schon ein starkes Stück.
Ja, Politik, Spitzenpolitik zumal, betrifft immer auch die jeweilige
Familie. Aber die Unterstellung, die Kanzlergattin hätte nicht verwunden,
nie wieder von Angela Merkel angerufen worden zu sein, fällt unmittelbar
auf deren Urheber zurück.
Es sind aber noch andere Sätze, die aus dem Kohl’schen Wortmahlstrom
aufblitzen wie Katzengold. Etwa die Behauptung, Hannelore Kohl hätte
persönlich dafür gesorgt, dass das wiedervereinigte Deutschland Teil der
Nato wurde: „Mein Vater hätte sich nicht nach Hause trauen können, wenn er
damit gescheitert wäre, den früheren Sowjet-Satellitenstaat DDR in die Nato
zu holen.“ So, so, das westliche Verteidigungsbündnis wurde quasi mit der
Oggersheimer Bratpfanne geschmiedet.
Oder die Bemerkung, Mutter Hannelore hätte der Osttussi Merkel erst mal
Stil und Benimm beigebogen. Etwa beim „Umgang mit weiblichen Themen, zum
Beispiel: Wie präsentiere und kleide ich mich im Amt?“ Zumindest in dieser
Hinsicht scheinen sich Mama und Papa Kohl einig gewesen zu sein. In seinen
nicht autorisierten „Kohl-Protokollen“ soll der Altkanzler gesagt haben:
„Frau Merkel konnte ja nicht richtig mit Messer und Gabel essen. Sie
lungerte bei den Staatsessen herum, so dass ich sie mehrfach zur Ordnung
rufen musste.“
## Versöhnung mit der eigenen Herkunft
Aus Walter Kohls Interview-Sätzen trieft so viel Eitelkeit, gepaart mit dem
spürbaren Wunsch, als Person wahrgenommen zu werden, dass das Lesen ein
fragwürdiges Vergnügen ist. Man muss ein bisschen lachen angesichts der
Kohl’schen Hybris, die nahtlos vom Vater auf den Sohn übergegangen zu sein
scheint. Zum anderen ärgert der deutlich herausgestellte Geschäftssinn –
Sohn Walter redet gern und ausführlich über seine Coaching-Veranstaltungen
zum Thema Versöhnung mit der eigenen Herkunft. Vielleicht sollte er mal
wieder in seinen Bestseller „Leben oder gelebt werden“ reinlesen. Darin
ging es um sein trauriges Leben als „Sohn vom Kohl“.
Danken muss man den Interviewern Marc Brost und Stefan Schirmer. Sie
interessieren sich tatsächlich für ihren Interviewpartner. Der Name Kohl
ist noch immer ein Garant für publizistische Aufmerksamkeit, das zeigt
unter anderem dieser Text. Und das Schicksal von Promikindern kann weiß
Gott eine schwere Last sein. Gleichwohl versuchen die beiden Journalisten
tapfer, Kohl junior vor der eigenen Blamage zu bewahren.
Wenn Walter Kohl etwa schildert, wie er bei einer Reise mit seinem Vater im
Dezember 1989 nach Ostberlin kraft seiner Wassersuppe höchstpersönlich den
durchaus respektierten DDR-Ministerpräsidenten Hans Modrow vor erzürnten
Volksmassen beschützt haben will, unterbreiten sie ihm mit einem kleinen
„Wirklich?“ ein Schutzangebot.
Aber es nützt alles nichts, Walter Kohl reitet sich immer tiefer hinein.
„Etwas zerzaust und mit blauen Flecken“ habe er dem unfähigen NVA-General
Meldung gemacht: „Herr General – Leutnant Kohl, melde mich vom Einsatz
Modrow zurück!“ Man liest das und spürt den Wunsch eines Kindes nach
Aufmerksamkeit. Aber Walter Kohl ist keine 13, sondern 53 Jahre alt. Und
man erkennt: In diesem Leben wird das nichts mehr.
23 Feb 2017
## LINKS
[1] http://www.zeit.de/politik/deutschland/2017-02/hannelore-kohl-selbstmord-wa…
## AUTOREN
Anja Maier
## TAGS
Helmut Kohl
Walter Kohl
Schwerpunkt Angela Merkel
Hildegard Hamm-Brücher
Helmut Schmidt
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