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# taz.de -- Kolumne Jung und dumm: Sind Sie Flüchtling?
> Die Welt ist verwirrend? Nicht mehr lange! Machen Sie den
> taz-Krisefragebogen und entdecken Sie Ihr wahres Debatten-Ich.
Bild: Schuld ist nur die Marmelade!
Zorn, Unzufriedenheit, Enttäuschung; Ekel, Wut, Hass auf alles Menschliche
– kennen wir doch alle. Was also tun, wenn die 55-jährige Tante, die gerade
voll in den besten Jahren drin ist, also so richtig (und immer ihre
Blumenmuster), die Mustertante, freudestrahlend, caring, aufopferungsvoll,
Spaß am Leben und so, auf einmal Nierenkrebs durch angeblich vergiftete
Marmelade und nur noch drei Wochen zu leben diagnostiziert bekommt?
(Dabei haben Sie sie ihr in die Butterrollen (keine Metapher) getan, das
wissen Sie ganz genau, das „wurmt“ Sie jetzt natürlich (voll verständlich,
man!))
1. Glückwunsch! Und sonst so?
a) Ich möchte jetzt endlich wissen, ob mein Dornen-BH auch schön
gentechnikfrei gezüchtet worden ist. Darauf habe ich ein Recht, Ihr
Faschos!
b) Haben Sie das schon gehört mit diesem Trump? Schrecklich!
c) Loriot hätte das bestimmt gar nicht komisch gefunden, ganz und gar
nicht, jahaa, das ist ja Realsatire ist das doch, Sie Goebbels!
d) Besenreiser zum Kaffee!
2. Ich habe manchmal das Gefühl . . .
a) . . . alle um mich rum hätten etwas, das mir fehlt. Zum Beispiel:
nichts. (Voll verarscht, oder? Kicherkicher! Jetzt aber runter von meiner
Kühlerhaube, wird’s bald!)
b) . . . alle anderen seien verrückt. Dann überlege ich, ob das zeigt, dass
ich nicht verrückt bin, oder eben genau das Gegenteil (also, dass ich nicht
nicht verrückt bin). Nach Stunden komme ich zu dem Ergebnis, dass ich ja
voll unabhängig von den anderen verrückt (oder nicht verrückt) sein kann.
Dann denke ich aber wieder, dass Wahnsinn ja auch immer eine
gesellschaftliche Dimension haben tut, weil der Mensch ja ein soziales
Wesen ist! Meist vergesse ich dabei, zu trinken, fast wie im Altersheim.
c) . . . Sie seien Flüchtling. Sind Sie Flüchtling?
d) . . . ich sei unter meiner Kleidung nackt. Das ist mir ehrlich gesagt
ein bisschen peinlich. Bitte erzählen Sie es nicht weiter.
3. Zum Diskurs kann ich beitragen:
a) Gesundes Volksempfinden!
b) Das ist doch elitäre Kackscheiße, Sprachpolizei, Filterbubble,
Dialogterror, schlimm, schlimmschlimmschlimm! Welcher „Diskurs“ denn
überhaupt? Glauben Sie etwa, ich bräuchte ein Recht auf Dummheit? So ein
Sarrazin, ja, der würde mich niemals auf der Straße vergewaltigen, oder
glauben Sie das auch, Glauben ist ja übrigens für die Kirche, Sie Trottel,
und ich bin ausgetreten! (Wie ein Pferd, haha, verstehen Sie? Nein?) Sind
Sie zufällig bei Tinder?
c) Eine abgeschlossene Diplomausbildung am Hairfree Institut Dreieich.
d) Ich habe Erich Schiller aus der „Lindenstraße“ getötet.
4. Schuld an allem sind ja …
a) . . . Menschen mit Blutgruppe orange.
b) . . . übermächtige und anonyme Bürokratien mit willkürlichen
Entscheidungen und bizarrer Kommunikation (kennen Sie Kafka?).
c) . . . die mangelhaften Chancenverwertungen der deutschen Soldaten vor
Moskau. Lesen Sie die Akten!
d) . . . die „Spülorgasmen der Bitterkeit“ von Emil Cioran. Sind Sie
wirklich kein Flüchtling?
6 Mar 2017
## AUTOREN
Adrian Schulz
## TAGS
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