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# taz.de -- Kolumne Press-Schlag: Versagen des Kollektivs
> Das deutsche Männerhandball-Team scheitert bei der WM vor allem an seiner
> Überheblichkeit. Und weil plötzlich ein Chef fehlt.
Bild: Ein Andreas Wolff allein kann es auch nicht richten: Das deutsche Team na…
Genauso überraschend wie sich die deutschen Handballer vor einem Jahr in
zwei rauschhaften Wochen bis zum Gewinn der Europameisterschaft gehypt
hatten, so schwer glaubhaft erschien das Ausscheiden gegen Katar bei dieser
Weltmeisterschaft bereits im Achtelfinale. Spieler und Trainer rangen nach
Fassung. Im Gefühl der totalen Überlegenheit waren die Deutschen unachtsam
geworden und hatten die Deckung vernachlässigt.
Allerdings muss man einräumen, dass die Abwehrleistung beim 20:21 gegen
Katar stimmte. Andreas Wolff befand sich vor allem in bestechender Form.
Der Torhüter des THW Kiel war trotzdem nicht in der Lage, das Ausscheiden
zu verhindern, denn seine Möglichkeiten zur Einflussnahme sind auf das
Abwehren von Bällen beschränkt. Vorne kann er nicht helfen.
Andreas Wolff ist in seinem Wesen ein Typ wie Nikola Karabatic, der
Superstar der Franzosen. Aber Wolff ist eben nur Torwart. Am Ende fand sich
niemand, der sich gegen die Niederlage stemmen konnte. Einer Gruppe, die
lange davon lebte, dass es keinen Anführer gibt, sondern wechselnde
Matchwinner, fehlte plötzlich ein Chef.
Zweieinhalb Jahre lang hatte der neben der Bank gestanden, doch in den
entscheidenden Phasen der schmachvollen Niederlage gegen die biedere
Mannschaft aus Katar war Dagur Sigurdsson nicht in der Lage,
gegenzusteuern. Der Isländer versagte in seinem letzten Match als Trainer
dieser Spieler wie seine Zöglinge. Vor dem Auftakt der WM war spekuliert
worden, welche Auswirkung seine feststehende Demission nach dem Turnier
haben würde. Würde er die Mannschaft noch erreichen, würde seine Art der
Teamführung noch greifen?
## In Gedanken schon im Halbfinale
Das Spiel in Paris zeigte, dass es keinen Autoritätsverlust gegeben hatte,
sondern die Spieler und ihr Chef an der eigenen Überheblichkeit gescheitert
waren. Zum ersten Mal war das Team in einem K.-o.-Spiel bei einem Turnier
hoher Favorit, und kam mit dieser Rolle nicht klar. „Vielleicht haben wir,
auch ich, zu weit gedacht“, sagte Sigurdsson nach dem bitteren Knockout.
Ein mögliches Halbfinale gegen Gastgeber Frankreich sollte neue
Erkenntnisse über die Vormachtstellung im Welthandball liefern. Darauf war
der Fokus ausgerichtet, sodass den Deutschen, die als Weltklasse-Team wenig
Erfahrung besitzen, einen Fehler begingen, die den Franzosen als
Dominatoren der zurückliegenden Dekade nie passiert war: Sie nahmen den
nächsten Gegner nicht ernst.
Trotz dieses fatalen Irrtums wird der EM-Sieg vor einem Jahr keine
Eintagsfliege bleiben. Der Gewinn der Olympischen Bronzemedaille ein halbes
Jahr später und die Souveränität, mit der Deutschland in Frankreich durch
die Vorrunde spazierte, sind ein Beleg für die Qualität des Kaders. Uwe
Gensheimer und Wolff sind bereits Weltklassespieler, einige andere auf dem
Weg dorthin. Die Heim-WM in zwei Jahren und Olympiagold 2020 in Tokio
können deshalb weiter die großen Ziele der nächsten Jahre sein. Den
richtigen Lerneffekt vorausgesetzt!
23 Jan 2017
## AUTOREN
Michael Wilkening
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Katar
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Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
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