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# taz.de -- Hamburg: Jugendhilfe auf dem Prüfstand: Nicht an die Regeln gehalt…
> Jugendhilfe-Inspektion analysiert Versagen des Sozialen Dienstes im Falle
> eines schwer misshandelten Säuglings. Die Regeln seien nicht eingehalten
> worden.
Bild: Manches Kinderschicksal möchte man sich nicht ausmalen.
Hamburg taz| Der neun Monate alte Deljo hat überlebt – aber nur knapp. Das
Altonaer Kinderkrankenhaus stellte bei dem Baby eine Hirnverletzung fest,
die wahrscheinlich durch heftiges Schütteln hervorgerufen wurde und das
Kind sein Leben lang beeinträchtigen dürfte. Wie es dazu kommen konnte,
dass das Kind aus der Obhut des Jugendamtes an eine als überfordert
geltende Familie übergeben wurde, hat die Jugendhilfeinspektion der
Sozialbehörde versucht zu klären.
Die Opposition in der Bürgerschaft kritisierte, dass Sozialsenatorin
Melanie Leonhard (SPD) den Bericht am Mittwochvormittag der Presse
vorstellte, ohne dass ihre Abgeordneten Gelegenheit gehabt hätten, diesen
einzusehen. Das Gutachten wurde laut Behörde am Dienstagnachmittag an die
Bürgerschaftskanzlei geschickt. „Es ist empörend, dass die Sozialsenatorin
dieses sensible Dokument in die Öffentlichkeit trägt und Konsequenzen
daraus zieht, bevor der zuständige Ausschuss eine Möglichkeit zur
Behandlung hatte“, schimpfte Sabine Boeddinghaus von der Linken.
Der Bericht spricht hauptsächlich von Fehlern der MitarbeiterInnen des
Allgemeinen Sozialen Dienstes, auch wenn die Leiterin der Inspektion,
Gisela Schulze, einräumte, es habe sich um einen komplexen Fall gehandelt.
Der Tenor des Berichts und die darin genannten Fehler unterscheiden sich
nicht wesentlich vom Ergebnis des Berichts zum bekannteren Fall Tayler, der
sich fast zur gleichen Zeit, Ende des Jahres 2015, ereignete. Tayler war
infolge des Schüttelns gestorben.
## Wenig Kontrolle
Die Jugendhilfeinspektion kritisiert, dass der Allgemeine Soziale Dienst
(ASD) und der Fallbearbeiter die Familie zu wenig besuchten. Der
Bearbeiter, im Amtsdeutsch die „Fallführende Fachkraft“, habe die von der
Behörde vorgeschriebene „sozialpädagogische Diagnostik“ unvollständig
angewandt, sich zu wenig mit seinen Kollegen abgesprochen und das Kind vor
der Rücküberstellung an die Familie nicht vom UKE untersuchen lassen.
Außerdem hätte die Zusammenarbeit mit dem eingebundenen freien
Jugendhilfeträger klarer abgesprochen und der Fall besser dokumentiert
werden sollen. Hier räumte die Inspektion ein, dass das vom ASD verwendete
Computerprogramm Jusit an einigen Stellen verbessert werden könnte.
Mit den Problemen der Jugendhilfe befasst sich seit Ende Dezember auch eine
Enquete-Kommission der Bürgerschaft. Dabei geht es auch um die Frage: „Kann
die Jugendhilfeinspektion der Einhaltung von Standards und Regeln sowie der
Etablierung einer förderlichen Fehlerkultur dienlich sein?“
Die Jugendhilfeinspektion ist umstritten, weil sie von Teilen des
Allgemeinen Sozialen Dienstes als verlängerter Arm der Behörde wahrgenommen
wird. Möglicherweise arbeiteten deshalb an dem aktuellen Bericht neben den
vier Leuten der Inspektion auch vier Beschäftigte aus verschiedenen
Bezirksämtern mit.
18 Jan 2017
## AUTOREN
Gernot Knödler
## TAGS
Kindeswohlgefährdung
Jugendhilfe
Elterliche Gewalt
Kindstod
Kinderschutz
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