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# taz.de -- „Bro“ und „Pony“ ist gleich „Brony“: Männer, die auf P…
> „My Little Pony“ sollte eine Serie für kleine Mädchen sein. Nun sind
> viele Zuschauer erwachsen – und männlich. Und große Fans.
Bild: Twilight Sparkle und ihre Freunde
Lila Fell, große Kulleraugen: Twilight Sparkle ist genauso niedlich, wie
ihr Name vermuten lässt. Mit ihren nicht minder niedlichen Ponyfreundinnen
und ihrem Assistenten, dem Drachen Spike, rettet sie in „My little Pony:
Friendship is Magic“ mit der Kraft der Freundschaft, der Toleranz und der
Großzügigkeit ihre Welt.
Und wenn sie das tut, dann fiebern nicht nur kleine Mädchen vor dem
Bildschirm mit, sondern auch erwachsene Männer wie der 35-jährige
Fachinformatiker Tobias Neumann.
Dabei hat Neumann keine Kinder, die als Alibi gelten würden. Er schaut es
auch nicht ironisch. Im Gegenteil: Er ist stolzer Fan der Serie – ein
sogenannter Brony – ein zusammengesetzes Wort aus „Bro“ und „Pony“.
Die Serie „My little Pony“ ist kein neues Phänomen. Bereits seit den 80er
Jahren gibt es Filme, Serien und Figuren der Ponys. „Friendship is Magic“
ist also eine Neuauflage und doch ganz einzigartig.
Als der Spielwarenhersteller Hasbro die Serie 2010 auf den Markt brachte,
stand für die Produzenten vor allem der Spielzeugverkauf im Vordergrund.
Die Mädchen vor dem Fernseher sollten begeistert den Merchandise kaufen –
wie es schon bei früheren Pony-Serien gut funktioniert hatte.
## Memes, Conventions, Fanfiction
Für die Konzeption der Serie wurde Lauren Faust ins Boot geholt. Sie hatte
das Ziel, eine ganzheitliche Serie zu entwickeln, bei der die Eltern nicht
gestraft sind, wenn sie sie mit ihren Kindern anschauen.
Faust, die vorher schon für Serien wie „Powerpuff Girls“ und „Foster’s…
for Imaginary Friends“gearbeitet hatte, war eingefleischten Cartoonfans
nicht unbekannt. Doch weder Hasbro noch Faust haben mit der Reaktion
gerechnet, die auf die Pilotfolge kam.
Als am 10. Oktober 2010 schließlich die erste Folge von „My little Pony:
Friendship is Magic“ ausgestrahlt wurde und ein Artikel über die neue Serie
auf der Plattform 4chan verlinkt wurde, kam es zur Geburtstunde des
Brony-Fandom.
In kürzester Zeit wurden zahlreiche Bilder und Screenshots der Serie
gepostet, die wiederum neue User zum Gucken anregten. Aus den Bildern
wurden Memes, Fanfiction, Fanart, eigene Filme und eigene Serien. Wie kaum
ein anderes Fandom, eine internetbasierte Fancommunity, haben sich die
Bronies aus der Rolle des passiven Konsumenten befreit und sind zu
Produzenten geworden.
Sie malen, schreiben, drehen, entwickeln Spiele, organisieren Stammtische
und Conventions. Mehr als andere Fandoms ist die Leidenschaft für eine
Serie hier auch Teil der Identität. Vergleichbar sind Bronies da bei mit
den Trekkies, den Fans von „Star Trek“.
## Erst „Pegastsisters“, dann auch „Bronies“
In diesem Fandom sind die „Bros“ eindeutig in der Mehrheit. Frauen sind
weniger oft vertreten. In der Anfangszeit gab es für die weiblichen Fans
die Bezeichnung, „Pegasisters“, ein Kofferwort von „Pegasus“ und „Sis…
Mittlerweile wird auch für sie der Begriff „Brony“ verwendet.
Die von den Fans geschaffenen Produkte schafften es, dort Aufmerksamkeit zu
generieren, wo Hasbros Marketing allein nicht hinreichte. So ist auch
Tobias Neumann über Fanart auf die kleinen Ponys aufmerksam geworden: „Ich
spiele gerne Computerspiele und ich bin auf einen Trailer gestoßen, der
zwar den normalen Ton von dem Spiel ‚Mass Effect II‘ hatte, aber mit Szenen
von ‚My Little Pony‘ unterlegt war. Das hat meine Neugier geweckt, und dann
fand ich im Internet immer mehr über ‚My Little Pony‘. Also habe ich die
erste Staffel angeguckt und bin da hängen geblieben.“
Schnell wurde aus ihm ein Fan und schnell hat er sich dazu entschlossen,
auch aktiv zu werden. Mittlerweile ist er der Vorstandsvorsitzende des
Bronies NRW e. V. und organisiert einmal im Jahr die kleine Messe „Brony
Fair“.
## Weltfremd, einsam, pervers?
Mit der größeren Aufmerksamkeit für die Serie und dem Fandom ließ der Spott
natürlich nicht lange auf sich warten. [1][Auf Seiten wie reddit gibt es
ganze Unterkategorien, in denen die Nutzer Screenshots über Bronies teilen,
um sich darüber lustig zu machen.]
Die Angriffspunkte sind immer dieselben: Bronies werden als weltfremd,
einsam, schwächlich und sexuell entweder pervertiert oder nicht erfolgreich
dargestellt – kurz sie werden als Beta-Männchen wahrgenommen. Selbst jene,
die sich nicht lustig machen, nehmen das Hobby nicht ernst und sind
sichtlich irritiert.
Woher kommt der Hass gegen die Bronies? Es erscheint zu grotesk, dass
erwachsene Männer Fans einer Show sind, die ganz offensichtlich für junge
Mädchen gemacht wurde. Die Farben, die Figuren, die gesamte Aufmachung
zeigt deutlich, auf welche Zielgruppe Hasbro es abgesehen hatte.
Die Serie ist streng in Pastelltönen gehalten. Die Ponys heißen Twilight
Sparkle, Pinkie Pie oder Rainbow Dash. Wenn ein Pony sein individuelles
Talent entdeckt, erscheint ein Schönheitsfleck oberhalb der Hüfte –
manchmal in Form eines Sterns, mal eines Apfels oder Luftballons. Und am
Ende jeder Folge haben die Ponys etwas Neues über Freundschaft gelernt, das
Twilight in ihrem Tagebuch festhält.
Es geht also nicht um die Intensität der Leidenschaft für eine Serie. Ein
Fan von „Game of Thrones“ oder von „The Walking Dead“ ist fast nie Opfer
eines solchen Spotts. Ein Punkt scheint vor allem zu provozieren: dass die
Bronies die Serie und ihre Neigung dazu ernst nehmen. Stolz tragen sie
Fanshirts,dekorieren ihre Wohnung und diskutieren Themen der Serie.
## Brony-Hasser
So suchen die Brony-Hasser gezielt nach Bildern und Screenshots, um zu
spotten, und sie werden fündig. Denn wie in jedem Fandom gibt es auch hier
die seltsamen Gestalten, jene, die Fanfiction mit heftigen sexuellen
Untertönen schreiben. Jene, die sich von Plüschtieren umrahmt fotografieren
lassen, jene, die sich als Ponys verkleiden, jene, die Fiktion und Realität
nicht mehr klar unterscheiden.
Die gibt es, darüber ist sich Tobias Neumann auch im Klaren. Doch er gibt
sich gelassen: „An diesen extremen Leuten darf man ein Fandom nicht
beurteilen.“
Er selbst ist eher zurückhaltend und trägt seine Leidenschaft nicht nach
außen. „Ich will es niemanden auf die Nase binden“, so seine Erklärung. V…
seinen Freunden aber verlangt er, dass sie ihn so akzeptieren.
„Wenn einer meiner Freunde eine Spielzeugeisenbahn hätte, dann würde ich
ihm auch mal zugucken und mir was erklären lassen – auch wenn ich das nicht
teile.“ Seine Freunde haben es akzeptiert, wenngleich er spürt, dass es
Einzelne gibt, die damit unterschwellig ein Problem haben. Ihn stört es
wenig.
Auch für die Trollbewegung im Internet hat Neumann eine Erklärung. „Es ist
so, wie wenn ein Junge mit einer Barbiepuppe spielt. Da regen sich auch
alle auf. Ich denke nicht in solchen Kategorien.“
Ihm gefällt die Serie: Weil sie witzig und vielseitig ist und weil er durch
sie viele Freunde gefunden hat. Auch Hasbro hat sich mittlerweile auf die
Bronies eingestellt. So ließen sie einzelne Ponys von Fans benennen und
sind laut Tobias Neumann auch vielschichtiger im Humor geworden.
Noch mindestens zwei Staffeln und ein Pony-Kinofilm werden kommen. Die
Bronies haben also noch viel Material für sich und ihre Kunst.
7 Jan 2017
## LINKS
[1] https://www.reddit.com/r/BrownieHate/
## AUTOREN
Laila Oudray
## TAGS
Kommunismus
Clowns
Soziale Netzwerke
BDSM
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