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# taz.de -- Flüchtlingspolitik in Dänemark: Restriktiv und abweisend
> Dänemark demonstriert mit seiner Ausländergesetzgebung vor allem eines:
> Ablehnung. Migranten und Flüchtlinge sollen spüren, dass sie nicht
> willkommen sind.
Bild: Geflüchtete sind im Herbst 2015 zu Fuß auf dem Weg durch Dänemark in R…
In den vergangenen Jahren ist die Asyl- und Zuwanderungspolitik Dänemarks
zunehmend verschärft worden. Eine vielbeachtete und scharf kritisierte
Maßnahme bestand in dem Erlass eines Zusatzes zum Ausländergesetz, was es
der Polizei erlaubt, Asylsuchende zu durchsuchen und Barmittel und
Wertsachen über 1.300 Euro zu konfiszieren. Andere kontroverse Vorschläge
beinhalteten die vorübergehende Aussetzung des Rechts auf
Familienzusammenführung, weitere Einschränkungen bei der Gewährung einer
Niederlassungserlaubnis (permanent residence permit) und verkürzte
Aufenthaltsfristen.
In einem Zusatz von November 2015 zum Ausländergesetz wurde die
Einwanderungshaft geregelt. Darin werden „besondere Umstände“ benannt,
unter denen Asylsuchende interniert werden können, insbesondere Personen,
die im Rahmen einer „Masseneinwanderung“ ins Land kommen. Außerdem werden
die Möglichkeiten eingeschränkt, Rechtsmittel gegen diese Maßnahme
einzulegen.
Der Menschenrechtskommissar für Europa kommentierte das Gesetz wie folgt:
„Ich bin sehr besorgt, weil die Ausweitung der Einwanderungshaft [unter
bestimmten Umständen] verbunden mit der Abschaffung wesentlicher
rechtlicher Schutzmechanismen dazu führen könnte, dass Asylsuchende in
unverhältnismäßig hoher Zahl und willkürlich von Internierung betroffen
sind. Das steht in Widerspruch zu Artikel 5 der Europäischen
Menschenrechtskonvention, nach der das Recht auf Freiheit geschützt ist.
Dänemark hat auch Bürger dafür verurteilt, dass sie Personen ohne gültigen
Aufenthaltsstatus geholfen haben. Im März 2016 wurde eine bekannte dänische
Kinderrechtlerin zu mehreren Tausend Euro Strafe verurteilt, weil sie
syrische Flüchtlinge, die zu Fuß auf dem Weg von Deutschland nach Schweden
waren, in ihrem Auto mitnahm. Nach dem Ausländergesetz verstößt der
Transport papierloser Bürger gegen den Menschenschmuggelparagrafen. Laut
Polizeistatistik wurden von September 2015 bis Februar 2016 fast 280
Personen nach diesem Gesetz belangt.
## 23 Stunden Einschluss
Durchschnittlich 92 nicht dänische Staatsbürger befanden sich im Jahr 2014
in Einwanderungshaft, 86 im Jahr 2012 und 65 im Jahr 2011. Im April 2016
gab es in Dänemark drei Einrichtungen zur langfristigen Internierung von
Migranten: zwei speziell dafür vorgesehene Anlagen und ein Gefängnis mit
einem getrennten Internierungsflügel. Die älteste Einrichtung ist das
ehemalige Sandholmgefängnis, heute „Gefängnis- und Bewährungseinrichtung
Ellebæk für Asylsuchende und Personen, denen die Freiheit entzogen wurde“.
Sie hatte im Jahr 2014 Kapazitäten für 118 Personen (und bei kurzfristig
höherem Bedarf 137).
Anfang 2016 eröffnete Dänemark eine neue Einrichtung im ehemaligen
Staatsgefängnis Vridsløselille, das jetzt ausschließlich für Migranten
benutzt wird und eine Kapazität von 240 Plätzen hat. Laut Berichten werden
seit März 2016 Asylsuchende dort in ihren Zellen wegen Personalmangels 23
Stunden lang eingeschlossen, damit sie sich nicht frei in der Anlage
bewegen können. Dänemark verfügt im Gefängnis Aabenraa auch über eine
Sonderabteilung zur Unterbringung von bis zu 10 Personen, denen ein Verstoß
gegen das Ausländergesetz vorgeworfen wird. All diese Einrichtungen werden
von dem Dänischen Gefängnis- und Bewährungsservice unterhalten.
Die Zahl der Personen, die von den dänischen Behörden aufgefordert wurden,
das Land zu verlassen, und die es inzwischen verlassen haben („freiwillige“
wie erzwungene Rückkehr) ist seit dem Jahr 2011 mit 455 Personen bis zum
Jahr 2012 auf 1.375 gestiegen. Im Jahr 2015 waren es insgesamt 2.655, von
denen 2.480 deportiert wurden; insgesamt 1.400 Personen wurden im Jahr 2014
rückgeführt, 1.315 von ihnen wurden deportiert. Andererseits wurden laut
dem Dänischen Flüchtlingsrat im Jahr 2015 323 Personen von Dänemark „in
ihre Heimat“ zurückgeschickt, im Jahr 2014 waren es 320 und im Jahr 2013
393. Aus der Türkei kamen 75 der im Jahr 2015 „repatriierten“ Personen, 59
aus Bosnien und Herzegowina und 20 aus Serbien. Es ist nicht ganz klar, in
welchem Verhältnis die Repatriierungszahlen und Rückkehrzahlen zueinander
stehen.
Trotz des restriktiven Ansatzes Dänemarks in der Flüchtlingsfrage erfährt
das Land nicht denselben Migrationsdruck wie seine Nachbarländer. Im Jahr
2014 stellten 14.680 Personen Antrag auf internationalen Schutz in Dänemark
verglichen mit 20.935 im Jahr 2015. Im Jahr 2013 nahm Dänemark 395 Personen
ohne gültigen Aufenthaltsstatus fest und nur 515 im Jahr 2014. Das sind
nach Lettland und Luxemburg die niedrigsten Raten in Europa.
Aus dem Englischen übersetzt von Rosemarie Nünning
15 Dec 2016
## AUTOREN
Global Detention Project
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