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# taz.de -- Indischer Spion in Deutschland: „Wir müssen gute Kontakte pflege…
> Ein Mitarbeiter der Ausländerbehörde des Bundes soll für den indischen
> Geheimdienst spioniert haben. Jetzt steht er in Berlin vor Gericht.
Bild: Tragen Inder ihre politischen Konflikte auf deutschem Boden aus oder herr…
Berlin taz | Indische Geheimdienste, militante Sikhs und die
unübersichtlichen Machenschaften diplomatischer Vertretungen – diese
Konstellation verleiht dem im Kammergericht Schöneberg laufenden
Spionageprozess, der diese Woche in die Halbzeit geht, Farbe.
Ein ehemaliger Mitarbeiter der zentralen Ausländerbehörde Bielefeld ist
angeklagt, über Jahre hinweg dem indischen Auslandsnachrichtendienst RAW
(Research and Analysis Wing) unbefugt Informationen über in Deutschland
lebende indische Staatsangehörige geliefert zu haben. Der Kontakt mit den
Mittelspersonen soll über das indische Generalkonsulat in Frankfurt am Main
zustande gekommen sein. Von dort aus sollen Aufträge an den Angeklagten
gegangen sein, die sich vor allem auf Mitglieder extremistischer und
oppositioneller Sikh-Gruppierungen aus dem Dunstkreis der
Khalistan-Bewegung bezogen.
Die in Deutschland kaum bekannte Organisation strebt im Punjab, der
traditionell sikhistisch geprägten Grenzregion zwischen Indien und
Pakistan, einen unabhängigen Staat Khalistan an. Die Auseinandersetzungen
zwischen extremistischen Sikhs und dem indischen Militär hatten in den
achtziger Jahren ihren Höhepunkt. Es ist also ein alter indischer
Nationalkonflikt, an dem das Verfahren im Kammergericht rührt.
Für den Angeklagten Thiyagaraja P., einen schmächtigen und redseligen
Menschen mit zierlichen Händen, die ständig in Bewegung sind, ist der
Spionagevorwurf gegen ihn auf ein großes Missverständnis zurückzuführen.
Mit ausladenden Gesten zeichnet er Formulare in die Luft, gibt kleinteilige
Beschreibungen der Arbeitsprozesse der Ausländerbehörde, für die er als
Beauftragter für Passersatzpapiere und Visumsangelegenheiten tätig war. Als
solcher stand der gebürtige Tamile, der vor mehr als 30 Jahren von Sri
Lanka nach Deutschland kam, in regem dienstlichen Kontakt mit verschiedenen
Botschaften.
## Gefälligkeiten für persönliche Netzwerke
Seine Version geht so: „Um Passersatzpapiere zu bekommen, ist es sehr
wichtig, dass wir gute Kontakte pflegen.“ Die gelegentliche Weitergabe von
Informationen an das indische Generalkonsulat sei eine Gefälligkeit
gewesen, um die persönlichen Netzwerke zu stärken. Er gibt zudem an, dass
der legere Umgang mit personenbezogenen Daten üblich sei im Behördenalltag.
Die Anklage steht in scharfem Kontrast zu dieser Version: Aus der
Korrespondenz zwischen Vertretern der Botschaft und dem Angeklagten
Thiyagaraja P. sowie den dem Gericht vorliegenden Telefonaufzeichnungen sei
zu entnehmen, dass Letzterer sehr wohl im Bewusstsein der Illegalität
handelte. P. habe „dem indischen Geheimdienst nahezu unbegrenzten Zugriff
auf deutsche amtliche Register und den deutschen Behördenapparat beschafft“
– so heißt es in der Anklageschrift.
Die Verteidigung zweifelt das an: Bei den Belegen – Ordner, verschiedene
Schriftstücke – handle es sich um eine wirre Zusammenstellung von
Dokumenten ohne erkennbaren Zusammenhang. Auch die Tatsache, dass die
verdächtige Kommunikation unverschlüsselt und sogar über WhatsApp geführt
worden sei, spreche nicht für die bewusste Agententätigkeit. „Beim Lesen
der Anklageschrift musste ich beinahe lachen, da wurde sehr viel
zurechtgebogen“, sagt Strafverteidiger Fred Heidemann. Der Verteidiger will
den Spionagevorwurf entkräften.
Bis zur Urteilsverkündung steht dem Gericht weiterhin langwierige
Kleinarbeit bevor: Alle 67 Fälle, deren P. beschuldigt wird, müssen einzeln
durchforstet werden. Der letzte Verhandlungstag ist auf den 13. Januar 2017
angesetzt.
6 Dec 2016
## AUTOREN
Dilbahar Askari
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