# taz.de -- Afrikafußballmeisterschaft der Frauen: Beliebter als die Männerau… | |
> Die Begeisterung für Frauenfußball in Kamerun ist groß. Teile der | |
> Bevölkerung mussten wegen des Wettbewerbs herbe Verluste hinnehmen. | |
Bild: Nach einem 1:0 Gewinn über Ghana ist der Einzug ins Finale für die Kame… | |
BERLIN taz | Der Aufgalopp war schon mal nicht schlecht. Beim | |
Eröffnungsspiel der zehnten Afrikameisterschaft in Yaoundé sind die Ränge | |
rappelvoll – ein fast ausverkauftes Stadion. Im Frauenfußball keine | |
Selbstverständlichkeit. Doch bei den fußballverliebten Kameruner_innen ist | |
das Interesse seit der letzten Frauen-WM 2015 in Kanada auch für ihre | |
Frauenmannschaft riesig. | |
Les Lionnes indomptable, die unzähmbaren Löwinnen, wie die kamerunische | |
Mannschaft genannt wird, kamen bei ihrer allerersten Qualifikation für eine | |
Fußballweltmeisterschaft damals überraschend bis ins Achtelfinale. Bei | |
ihrer Rückkehr nach Kamerun wurden sie am Flughafen von einer jubelnden | |
Menge empfangen. | |
Die 23-jährige Gaëlle Enganamouit, beim schwedischen Verein FC Rosengard | |
unter Vertrag und der Publikumsliebling der kamerunischen Mannschaft, weiß | |
um die Erwartungen der Fans. Zu Beginn des Turniers sagte sie in | |
staatstragendem Duktus: „Wir sind sehr stolz über die große Begeisterung | |
unserer Brüder, Schwestern, Mütter und Kinder. Die einzige Möglichkeit, das | |
zurückzugeben, ist: mit einer exzellenten Leistung und dem Gewinnen dieses | |
Turniers.“ Ihren Platz im Finale gegen Nigeria haben die Löwinnen nach | |
ihrem Sieg am Mittwoch gegen Ghana bereits gesichert. | |
Für kamerunische Fußballfans ist es das erste Mal seit 44 Jahren, dass sie | |
in den Genuss kommen, eine Afrikameisterschaft live im Stadion verfolgen zu | |
können. „Für junge Menschen ist es schon etwas Besonderes, dass ein | |
internationales Turnier in ihrer Heimat organisiert wird. Außerdem ist der | |
Hype um die Frauen seit der WM 2015 groß. Die kamerunische Frauenmannschaft | |
ist gerade beliebter als das Männerteam“, erklärt Wiliam Tchango, der das | |
Turnier als Journalist in Limbé verfolgt. | |
## Hoch favorisierte Nigerianerinnen | |
In zwei Gruppen haben acht Teams in der Hauptstadt Yaoundé und in der | |
Hafenstadt Limbé im Süden des Landes gespielt. Neben den Favoritinnen | |
Nigeria und Kamerun haben sich auch Spielerinnen der anderen Teams während | |
des Turniers hervorgetan. Elizabeth Addo ist eine solche. Die Kapitänin der | |
ghanaischen Auswahl ist nicht nur technisch großartig, sondern hat im Spiel | |
gegen Nigeria unter Beweis gestellt, dass sie eine Kämpferinnennatur ist. | |
Die hoch favorisierten Nigerianerinnen, die schon sieben Mal den Africa Cup | |
gewonnen haben, waren bereits nach 18 Minuten in Führung gegangen, bevor | |
Addo nach unermüdlichem Anlaufen in der 44. Minute den Ausgleich erzielte. | |
„Mich hat die spielerische Qualität von Außenseiter-Mannschaften wie Ghana | |
und Mali sehr überrascht“, meint auch Beobachter Tchango. | |
Trotz aller Begeisterung für die starken spielerischen Leistung der Frauen | |
steht Tchango der Organisation des Turniers aber kritisch gegenüber. Gerade | |
für die Bevölkerung in Limbé bedeuten der Bau eines neuen Stadions und der | |
Ausbau der Infrastruktur in der Stadt große Verluste. Die Regierung hat für | |
infrastrukturelle Maßnahmen nicht davor zurückgeschreckt, Läden und Häuser | |
in Limbé zu zerstören. Solche Zerstörungsaktionen kommen in den großen | |
Städten Kameruns immer wieder vor. Da viele dicht besiedelte Bezirke ohne | |
staatliche Bebauungspläne entstanden sind, fehlt es in diesen Stadtteilen | |
an festen Straßen. | |
## Die Menschen stehen vor dem Nichts | |
Das will die Regierung ändern und den Bezirken neue geordnete Strukturen | |
geben. Doch nach der Zerstörung der bestehenden Infrastruktur stehen | |
Menschen teilweise von heute auf morgen vor dem Nichts, verlieren große | |
Teile ihres Besitzes. Häufig haben sie keine Besitzurkunden für die | |
Grundstücke, auf denen sie gelebt haben, und werden nicht entschädigt. Und | |
allzu oft lässt dann auch der Bau der neuen Straßen auf sich warten. | |
Die Bevölkerung in Limbé hat die Zerstörungswut der Regierung vor der | |
Meisterschaft deutlich zu spüren bekommen. „Die Leute, denen das passiert | |
ist, boykottieren das Turnier natürlich. Die haben zum Teil alles verloren. | |
Das ist ein Grund, warum hier in Limbé das Stadion nicht bei jedem Spiel | |
bis zum letzten Platz gefüllt ist“, meint Tchango. Außerdem sei der Zugang | |
zum Stadion auch deshalb limitiert, weil Zuschauer_innen ihren | |
Personalausweis vorzeigen müssen. Gerade Jugendliche verfügen häufig nicht | |
über ein Ausweisdokument und sind so von den Spielen ausgeschlossen. | |
Die Afrikameisterschaft wird zudem von Unruhen in anderen Teilen des Landes | |
überschattet. In Nordwesten wurden friedliche Proteste der anglophonen | |
Minderheit von Polizei und Armee gewaltsam niedergeschlagen, und in der | |
Studentenstadt Buea gingen die Uniformierten gewalttätig gegen einen Streik | |
von Studierenden vor. Das brutale Vorgehen löste einen Aufschrei in der | |
Bevölkerung aus und stellte den Fußball in den Hintergrund. „Es gibt in | |
Kamerun gerade viele unbearbeitete Baustellen. Ich hoffe, dass wir trotzdem | |
ein schönes Finalspiel erleben und die Probleme sich danach regeln“, sagt | |
Tchango nachdenklich. | |
Am Samstag wird sich für die kamerunische Mannschaft im Spiel gegen Nigeria | |
nun jedenfalls entscheiden, ob sie die großen Erwartungen ihrer Fans | |
erfüllen und zum ersten Mal den Africa Cup gewinnen kann. | |
2 Dec 2016 | |
## AUTOREN | |
Katharina Lipowsky | |
## TAGS | |
Frauenfußball | |
Kamerun | |
Finale | |
Fußball | |
Fußball | |
Célia Sasic | |
Die Kriegsreporterin | |
Fußball | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Frauen-Elf des FC Bayern: Kaum Kosten, prima Rendite | |
Bayern-Präsident Uli Hoeneß macht den Frauenfußball zur Chefsache. Er will | |
10.000 Zuschauer gegen Paris St. Germain ins Stadion lotsen. | |
Kolumne Pressschlag: Keine andere Wahl | |
Schluss und Aus: Nationalspielerin Célia Šašić beendet ihre Karriere im | |
Alter von 27 Jahren. Eben noch war sie WM-Torschützenkönigin geworden. | |
Kolumne Die Kriegsreporterin: Die WM der Tittenträgerinnen | |
Die Fifa besteht auf dem Unterschied zwischen Fußball und Frauenfußball. | |
Frauen sind ja nur Behinderte mit Titten, die einem Ball nachstolpern. | |
Vorrunde der Fußball-WM 2015: Auftaktsieg für die USA | |
In der schweren WM-Gruppe D gewinnen die USA 3:1 gegen Australien. Zuvor | |
hatten sich im bislang besten Spiel des Turniers Nigeria und Schweden 3:3 | |
getrennt. |