# taz.de -- Unis wollen digitale Rechte nicht bezahlen: Renaissance der Kopierg… | |
> Norddeutsche Hochschulen verweigern einen neuen Vertrag zu | |
> Urheberrechten. Ab 2017 fallen dadurch wohl wieder erheblich mehr analoge | |
> Kopien an. | |
Bild: Digitales Studium – bald ein Modell von gestern | |
Bremen taz | Dämpfer für die digitale Lehre: Norddeutsche Hochschulen | |
lehnen den neuen Rahmenvertrag zu Urheberrechten ab, den | |
Kultusministerkonferenz und Verwertungsgesellschaft Wort (VG Wort) Anfang | |
Oktober geschlossen haben. An Unis ohne Vertrag dürfen Lehrende ab Januar | |
2017 keine urheberrechtlich geschützten Werke mehr online bereitstellen. | |
Hintergrund ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes von 2013, nach | |
der es zumutbar sei, dass Universitäten digital verbreitete Texte einzeln | |
bei der VG Wort abrechnen. Der neue Vertrag setzt dieses Urteil um. Bisher | |
zahlten die Unis eine Pauschale (siehe Kasten). | |
## „Bürokratischer Rattenschwanz“ | |
Die Landeshochschulkonferenzen in Hamburg und Niedersachsen bestätigten der | |
taz, dass ihre Hochschulen dem Vertrag nicht beitreten. Entsprechendes | |
schrieb Bernd Scholz-Reiter, Rektor der Universität Bremen, vergangene | |
Woche in einer E-Mail an die Studierenden: „Die bremischen Hochschulen | |
haben beschlossen, diesem neuen Rahmenvertrag nicht beizutreten.“ | |
Uni-Sprecher Eberhard Scholz sagte der taz: „Die neue Regelung führt zu | |
einem bürokratischen Rattenschwanz, der nur mit einem riesigen | |
Personalaufwand zu meistern ist.“ | |
Bremen und die anderen norddeutschen Hochschulen schließen sich damit der | |
Kritik der Hochschulrektorenkonfererenz (HRK) an: „Wir haben große | |
Bedenken, dass das vereinbarte Verfahren zu aufwändig ist, um | |
flächendeckend umgesetzt zu werden“, teilte HRK-Präsident Horst Hippler | |
Mitte Oktober mit. | |
Im Wintersemester 2014/15 testete die Universität Osnabrück das neue | |
Verfahren in einem Pilotprojekt. Ergebnis: Studierende und Lehrende | |
verwendeten wesentlich weniger Literatur. Denn nur ein Viertel der | |
erwarteten 4.000 meldepflichtigen Texte wurde noch hochgeladen. Laut | |
Abschlussbericht empfanden die Lehrenden die „Pflicht zur Einzelmeldung als | |
bürokratische Belastung, die in keinem Verhältnis zum Nutzen“ steht: | |
Lehrende brauchten im Schnitt vier Minuten pro Meldung. | |
## Studierende müssen sich Texte selbst beschaffen | |
In der Folge mussten sich viele Studierende die Materialien mit Hilfe von | |
Literaturlisten selbst beschaffen. Ein Schicksal, das bald auch die Bremer | |
Studierenden treffen wird: „Texte, die nicht digital bereitgestellt werden, | |
müssen Studierende auf Grundlage von Literaturlisten selber kopieren oder | |
scannen“, so Rektor Scholz-Reiter. | |
Studierende empfinden das als Rückschritt: Die Hochschulen würden dadurch | |
„in die 90er zurückgeworfen“, sagte Laura Boese vom Asta der Universität | |
Osnabrück. Der Asta der Universität Bremen verwies auf die besondere | |
Belastung, etwa für Studierende mit Kindern, wenn Texte aus der Bibliothek | |
beschafft werden müssten. | |
Die taz konnte die VG Wort am Freitag nicht erreichen. Ihr Geschäftsführer | |
Rainer Just sagte in einem Interview mit netzpolitik.org, Einzelmeldungen | |
seien nötig, um sinkende Lehrbuchverkäufe aufzufangen. Würden diese nicht | |
an der Uni gekauft, dann nirgendwo. | |
„Wenn es Nutzungen gibt wie im Intranet, dann muss dafür was bezahlt | |
werden“, so Just. Derzeit hätten Hochschulen durch die Pauschalvergütung | |
„überhaupt keinen Aufwand“, während auf der anderen Seite „die Verteilu… | |
an die Rechteinhaber, vor allem bei den Lehrbüchern“ nicht funktioniere. | |
Der neue Rahmenvertrag solle dazu führen, „dass die Inhalte honoriert | |
werden, die tatsächlich genutzt werden.“ Ganz ohne Aufwand für die | |
Universitäten gehe das nicht. | |
22 Nov 2016 | |
## AUTOREN | |
Lukas Thöle | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Urheberrecht | |
Universität | |
VG Wort | |
Schwerpunkt Urheberrecht | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Kommentar Studium im digitalen Zeitalter: Studenten leiden an Bibliophobie | |
Die Studierenden wollen alles häppchenweise vorgesetzt bekommen. Dabei | |
ermöglicht erst das Stöbern neben dem Prüfungsstoff Erkenntnis. |