| # taz.de -- Kommentar Streit in der Labour-Partei: Der unheimlich Unantastbare | |
| > Dass viele Abgeordnete Jeremy Corbyn absetzen wollten, hat kaum mit | |
| > seiner Haltung zu tun. Vielmehr bangen sie um ihre zukünftigen Jobs in | |
| > der Wirtschaft. | |
| Bild: Von der Masse gestützt: Jeremy Corbyn ließ sich einfach nicht wegputsch… | |
| Jetzt haben sie den Salat. Rund 80 Prozent der britischen | |
| Labour-Abgeordneten wollten ihren linken Parteichef Jeremy Corbyn | |
| loswerden. Stattdessen bleibt er im Amt, gestärkt durch ein neues Mandat | |
| der Parteibasis, die ihn am Samstag mit rund 62 Prozent bestätigte. | |
| Der missglückte Putsch hat nur in zweiter Linie mit der politischen | |
| Richtung zu tun. Es geht um die Pfründe. Die große Mehrheit der | |
| Abgeordneten saß schon zu Zeiten der Premierminister Tony Blair und Gordon | |
| Brown im Unterhaus. Die beiden haben mit ihrer politischen Karriere den | |
| Boden bereitet für die lukrativen Jobs danach. Blair hat ein Vermögen von | |
| mindestens 20, vielleicht sogar 100 Millionen Pfund angehäuft, er muss es | |
| ja nicht mehr deklarieren. Bekannt ist, dass er Geld von der Regierung | |
| Kasachstans kassiert hat, und auch Kuwait und die Vereinigten Arabischen | |
| Emirate haben ihn bezahlt. | |
| Brown ist Berater der US-Vermögensverwalter Pimco, die im Zuge der | |
| Finanzkrise Papiere von Lloyds aufgekauft hat. Diese Bank war mit | |
| Staatsgeldern gerettet worden, als Brown Schatzkanzler war. | |
| Der warme Regen für Politiker begann mit Margaret Thatchers | |
| Privatisierungsorgie. Unternehmen machten riesige Summen locker, um | |
| Abgeordneten und Ministern Entscheidungshilfen zu geben. Und viele | |
| Tory-Minister griffen mit atemberaubender Dreistigkeit zu. | |
| Labour lernte nach der Machtübernahme 1997 schnell. Hatte zum Beispiel John | |
| Reid, als Labour in der Opposition war, gegen den Verkauf der Gefängnisse | |
| an die Sicherheitsfirma Group4 gewettert, so schanzte er als Verteidigungs- | |
| und später Innenminister dem Unternehmen Regierungsaufträge zu, obwohl bei | |
| Group4 ständig Pannen passierten. Als Reid 2008 aus der Politik ausschied, | |
| wurde er Berater bei der Firma. | |
| Von solchen Karrieren träumen viele Labour-Abgeordnete. Schließlich sind | |
| sie nicht in die Politik gegangen, um der Partei oder gar dem Volk zu | |
| dienen. Einer wie Corbyn ist ihnen unheimlich. Er sitzt seit 33 Jahren im | |
| Unterhaus und hat sich nie von der Privatwirtschaft einfangen lassen. Seine | |
| Politik wäre den Abgeordneten egal, doch sie fürchten, dass er ihnen mit | |
| seinen altmodischen Prinzipien den geldgepflasterten Weg in die Zukunft | |
| verbauen könnte. | |
| 25 Sep 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Ralf Sotscheck | |
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