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# taz.de -- Sexismus im tschechischen Fußball: Über die rote Linie
> Zwei Fußballprofis von Sparta Prag beleidigten eine Schiedsrichterin.
> Jetzt dürfen sie mit dem Frauenteam trainieren.
Bild: Lukas Vacha darf jetzt mit dem Frauenteam trainieren
Prag taz | „Manche Leute sagen, Fußball sei eine Frage von Leben und Tod.
Ich versichere Ihnen, es ist viel ernsthafter als das“, philosophierte
einst der inzwischen legendäre britische Fußball-Coach Bill Shankly
(1913–1981). Dass es im Spiel um das runde Leder inzwischen nicht nur Tor-,
Seiten und Mittellinien, sondern auch rote Linien gibt, müssen nun zwei
tschechische Fußballprofis erfahren.
Nachdem eine Linienrichterin bei einem Erstligaspiel zwischen dem
tschechischen Fast-Dauermeister Sparta Prag und dem FC Zbrojovka Brünn ein
Abseits nicht als solches erkannt hatte und dadurch ein Ausgleichstor der
Brünner ermöglichte, griffen Spartas Torhüter Tomas Koubek und
Mittelfeldspeiler Lukas Vacha tief in die sexistische Mottenkiste:
Linienrichterin Lucie Ratajová solle gefälligst zurück an den Herd,
twitterte Vacha nach dem Spiel, das 3:3 endete.
Linienrichterin Ratajová hatte ihre Fehlentscheidung auch noch in der
Nachspielzeit getroffen. Die Sparta-Profis fühlten sich um den Sieg
betrogen und reagierten entsprechend erregt. Koubek führte den
Herdvergleich in einem Interview sogar noch weiter aus: „Meiner Meinung
nach sollten Frauen am Herd bleiben und nicht über Männerfußball
entscheiden, erklärte er gegenüber dem Webportal idnes.
Nachdem die Emotionen über den, durch die Fehlentscheidung unglücklich
verlorenen Punkt etwas abgekühlt waren und stattdessen über die Sprüche der
beiden Fußballer hochkochten, haben sie ihre, zugegebenermaßen nicht
besonders originellen Herdsprüche zurückgenommen. „Ich habe gleich nach dem
Spiel einen Satz gesagt, der mir leid tut und für den ich mich bei allen
Frauen entschuldigen möchte“, sagte Koubek und postete sicherheitshalber
ein Foto seiner Frau und seiner Tochter auf Facebook. Zudem versicherte er:
„Ich liebe meine Mädchen und möchte, dass sie im Leben etwas erreichen
werden, auf das wir stolz sein können.“
## Die Disziplinarkommission tagt
Doch Asche auf dem Haupt allein genügt nicht. Der tschechische
Fußballverband ist sauer. „Das ist einfach unakzeptabel“, schimpfte
Verbandschef Pelta, selbst mit einer Schiedsrichterin liiert. „Ich möchte
persönlich, aber auch im Namen des gesamten Fußballs betonen, dass Frauen
ein Teil des Fußball waren, sind und sein werden und dass ihre Präsenz
wichtig für den Fußball ist, sowohl in seinen Strukturen als auch auf den
Tribünen“, sagte Pelta. Mit den chauvinistischen Sprüchen der beiden
Sparta-Spieler will sich die Disziplinarkommission des Verbandes nun in
seiner nächsten Sitzung beschäftigen.
Der Fußballklub Sparta Prag selbst hat sich schon eine durchaus originelle
Strafe für die beiden einfallen lassen: Sie sollen zu Botschaftern der
tschechischen Frauenfußball-Liga werden und mit dem Frauenfußball-Team von
Sparta zusammen trainieren. „Auch wenn ich verstehe, dass die Jungs voller
Emotionen waren, so gibt es doch Grenzen, die sie in ihren Erklärungen
nicht überschreiten dürfen“, begründete Sparta-Boss Adam Kotalik die
Strafe. Beim Sparta-Frauenteam sollen beide lernen, dass Frauen nicht nur
am Herd durchaus geschickt sein können, meinte er.
Mit ihrer Reaktion entsprechen Vacha und Koubek dem Stereotyp des
sexistischen Fußballers, kommentierte die tschechische Presse. Nur von
Seiten der Nationalmannschaft haben beide Spieler Ruhe. Hier würden ihnen
keine Sanktionen drohen, meinte Nationaltrainer Karel Jarolim, der sein
Team gerade auf das WM-Qualifikationsspiel am Samstag gegen Deutschland in
Hamburg vorbereitet. „Um ehrlich zu sein, habe ich keine Zeit, mich damit
zu beschäftigen“, sagte Jarolim.
4 Oct 2016
## AUTOREN
Alexandra Mostyn
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Fußball
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Homosexualität im Profisport
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