# taz.de -- Feministische Sprachverwirrung: Die Shitstorm wegen der KopiererIn | |
> Die Linke im Flensburger Rat hat beantragt, dass Bürogeräte zukünftig | |
> auch einen weiblichen Artikel bekommen und bot bot damit rechten Medien | |
> eine Steilvorlage. | |
Bild: Nur eine Frau oder doch eine Dame? Das Fahrrad immerhin hätte, grammatik… | |
Flensburg taz | Alles voller Kerle im Büro: In der Ecke rattert der | |
Drucker, auf dem Tisch steht der Computer, und mit Pech liegt auch noch der | |
Bleistiftanspitzer daneben – nee, das ist doch voll ungerecht gegenüber den | |
Druckerinnen, Computerinnen und Anspitzerinnen. Also umbenennen, forderte | |
die Ratsfraktion der Linken in Flensburg. | |
Klingt nicht nur wie Satire, sondern war auch so gemeint – und ging nach | |
hinten los. Mit ihrem Antrag, Bürogeräte künftig gendergerecht zu | |
bezeichnen, löste die Fraktion einen Shitstorm und ein breites Medienecho | |
aus. | |
Auslöser war ein Antrag der Wählergemeinschaft „Wir in Flensburg“ (WIF) im | |
Gleichstellungsausschuss der Stadt: Ursula Jensen, die als bürgerliches | |
Mitglied für die WIF in dem Ausschuss sitzt, verlangte, eine | |
„gleichstellende Bezeichnung für weibliche Ratsmitglieder“ einzuführen. | |
Denn zurzeit wird in Flensburg von „Ratsherren“ und „Ratsfrauen“ | |
gesprochen. Und das passe nicht, stellte Jensen fest: Entweder müsse von | |
„Frau und Mann“ oder eben von „Dame und Herr“ die Rede sein. | |
Diese Feststellung ist alles andere als neu – und gerade in Flensburg wurde | |
sie bereits vor Jahrzehnten geführt, sagt Gabriele Ritter, | |
Fraktionsvorsitzende der Linken-Ratsfraktion: „Wir hatten früher die | |
Ratsherrinnen und haben uns davon getrennt: Ratsfrauen sind auf Augenhöhe | |
mit den übrigen Menschen.“ Entsprechend „rückwärtsgewandt“ sei der | |
WIF-Antrag, meint Ritter. | |
Im Vorfeld der Ausschuss-Sitzung wollten die Linken also nur klarmachen, | |
dass sie den Antrag ablehnen würden. Aber Fraktionschefin Ritter hängte | |
einen eigenen „Ergänzungsantrag“ an die Mail an, die ins Rathaus-interne | |
System verschickt wurde. Darin heißt es: „Ab sofort werden | |
Arbeitsgeräte/-mittel aus allen Arbeitsbereichen der Stadt Flensburg | |
genderneutral bezeichnet. Dies gilt insbesondere für grammatisch mit | |
maskulinem Artikel („der“) bezeichnete Arbeitsgeräte/-mittel und | |
Bezeichnungen, die Berufsbezeichnungen nachgebildet sind: der/die | |
ScannerIn, der/die ComputerIn, der/die BleistiftanspitzerIn, der/die | |
KopiererIn, der/die StaubsaugerIn.“ | |
Bloß ein Witz, mit dem sie „bestenfalls für Lachanfälle“ sorgen wollte, | |
sagt Ritter: „Ich hätte mir nie träumen lassen, was daraus wird.“ Denn die | |
Mail wurde in Windeseile weitertransportiert: Politische Gegner freuten | |
sich über die Steilvorlage, die Medien, zunächst die aus der rechten Ecke, | |
griffen den Antrag auf. | |
Für Ritter war es ein Lehrstück darüber, wie interne Scherze in der | |
Öffentlichkeit ankommen – schlecht. Schnell zog die Fraktion ihren Antrag | |
zurück und mahnt: „Kommt mal wieder runter vom Baum.“ Nach einem Tag, an | |
dem das Telefon in der Fraktion nicht stillstand, sagt Ritter: „Ein | |
bisschen witzig finden wir es aber immer noch.“ | |
Das geht nicht allen so: „Das Ganze wird innerhalb der Partei kontrovers | |
diskutiert“, sagt ein Flensburger Linker, der weder über den Shitstorm noch | |
über das Krisenmanagement glücklich ist. Die Fraktion hätte sich ernsthaft | |
mit dem Antrag der WIF auseinandersetzen sollen, sagt er. Die Satire | |
„spielt nur den Kreisen in die Hände, die sich über den angeblichen | |
Genderwahn beschweren“. | |
Genau diese Auseinandersetzung verspricht Ritter für die Ausschussdebatte | |
am Mittwoch. Wenn sich schon etwas an der Bezeichnung der Stadträte ändern | |
solle, dann sei es am besten, auf die Herrschaft ganz zu verzichten: „Wir | |
sind alle Ratsmitglieder – dieser Begriff schließt die ganze Bandbreite | |
ein.“ | |
27 Sep 2016 | |
## AUTOREN | |
Esther Geißlinger | |
## TAGS | |
Bodo Ramelow | |
Kneipe | |
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