# taz.de -- Cansu Özdemir und Sabine Boeddinghaus über linke Politik: „Nun … | |
> Die Fraktionschefinnen der Hamburger Linken, Sabine Boeddinghaus und | |
> Cansu Özdemir, über Volksentscheide und ihre Nicht-Kandidaturen | |
Bild: „Weiter dicke Bretter bohren“: Hamburgs Linke weiß ums Dasein als Op… | |
taz: Frau Boeddinghaus, Frau Özdemir, finden Sie, dass Sie sich Ihren | |
Sommerurlaub redlich verdient haben? | |
Sabine Boeddinghaus: Ja, ich denke schon. | |
Cansu Özdemir: Wir haben gute Arbeit geleistet als Fraktion und dürfen uns | |
jetzt mal erholen. | |
Dabei haben Sie doch gar nichts erreicht. Zu Beginn der Legislaturperiode | |
nannten Sie als Schwerpunkte die soziale Stadtentwicklung und die | |
Bekämpfung wachsender Armut. In beiden Bereichen ist in Hamburg nichts | |
besser geworden. | |
Boeddinghaus: Das waren unsere Schwerpunkte, und sie werden es bleiben. Wir | |
haben dafür ein Sofortprogramm vorgelegt über 318 Millionen Euro, | |
finanziert aus Steuermehreinnahmen. Rot-Grün hätte nur Ja sagen brauchen. | |
Haben sie aber nicht, also haben Sie nichts erreicht. | |
Boeddinghaus: Das ist das Los kleiner Oppositionsparteien. Aber wir werden | |
weiter die dicken Bretter bohren. | |
Viel reden, wenig bewirken? | |
Özdemir: Gar nicht. Wir sind ja auch vor Ort viel mit den Menschen im | |
Gespräch, in den Bezirken, in den Stadtteilen, in Initiativen. Und deren | |
Anliegen tragen wir ins Parlament. | |
Es kommt ja nichts dabei raus. | |
Boeddinghaus: Das berührt jetzt eine Grundsatzfrage der Demokratie, ob eine | |
Opposition sinnvoll und notwendig ist. Klare Antwort: Sie ist. Opposition | |
hat eine wichtige Funktion in einer echten Demokratie, und so verstehen wir | |
unsere Rolle. | |
Ihr einziger politischer Erfolg war die Verhinderung Olympischer Spiele. | |
Boeddinghaus: Das war ein Erfolg, ja. Die HamburgerInnen sind deutlich | |
schlauer, als viele dachten. Sie hatten erkannt, dass aktuelle Probleme zu | |
lösen sind, statt an teuren Wolkenkuckucksheimen zu basteln. | |
Özdemir: Es ist doch aber auch so, dass viele jahrelange Forderungen von | |
uns schließlich doch von der Mehrheit übernommen werden. Auch bei der | |
Einigung mit der Initiative „Gute Integration“ wurden viele unserer | |
Forderungen berücksichtigt: Mindeststandards in der zentralen Unterbringung | |
zum Beispiel. | |
Dennoch sieht es aus, als hätte die rot-grüne Koalition auch in der | |
Flüchtlingspolitik die Federführung. Sind durch den Deal mit „Hamburg für | |
gute Integration“ diese Fragen endgültig geregelt worden? | |
Özdemir: Das kann man so nicht sagen, bislang steht die Einigung nur auf | |
dem Papier. Nun muss das notwendige Geld fließen, auch die personellen | |
Bedarfe müssen gedeckt werden. Wenn die Einrichtungen in den Stadtteilen | |
alle ihre Aufgaben erfüllen sollen, müssen sie nachhaltig gestärkt werden. | |
Bei den nächsten Haushaltsberatungen in der Bürgerschaft werden wir sehr | |
genau darauf achten, dass das auch geschieht. | |
Ist die Vereinbarung mit der Initiative „Gute Integration“ ein Erfolg für | |
das Parlament oder gar für die Demokratie? | |
Boeddinghaus: Es ist ein großer Erfolg, dass der Volksentscheid verhindert | |
werden konnte. Dieses Thema enthält fürchterlich viel gesellschaftlichen | |
Sprengstoff, der konnte entschärft werden. Am Ende wäre es auf die Frage | |
hinausgelaufen, bist du für oder gegen Flüchtlinge. Deshalb ist es gut für | |
das Klima in der Stadt, dass der Volksentscheid vom Tisch ist. | |
Werden wir es noch erleben, dass Ihre Partei in Hamburg regierungsbereit | |
und -fähig ist? | |
Boeddinghaus: Das hat nichts mit Fähigkeiten zu tun … | |
Danke für die Klarstellung. | |
Boeddinghaus: …sondern mit den Realitäten in Hamburg. | |
Özdemir: In Thüringen sieht man ja, dass Rot-Rot-Grün unter einem linken | |
Ministerpräsidenten gut funktioniert. | |
Und warum wollen Sie das Hamburg vorenthalten? | |
Boeddinghaus: Verhandlungen mit Olaf Scholz sind nur sinnvoll, wenn er | |
bereit wäre, sich auf uns zu zu bewegen. Das ist nicht zu erwarten, also | |
ist das kein Thema. Wir wollen keine Senatorenposten, wir wollen einen | |
linken Politikwechsel. | |
Der Hamburger Bundestagsabgeordnete Jan van Aken will nicht erneut | |
kandidieren. Wer geht nun in den Bundestag? | |
Özdemir: Das ist noch unklar. | |
Wer von Ihnen beiden will? | |
Boeddinghaus: Keine. | |
31 Jul 2016 | |
## AUTOREN | |
Sven-Michael Veit | |
## TAGS | |
SPD Hamburg | |
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