# taz.de -- Nachruf auf Labour-Abgeordnete Jo Cox: Ermordete Hoffnungsträgerin | |
> Jo Cox galt als die vielversprechendste Nachwuchspolitikerin von Labour. | |
> Vehement kämpfte sie für den Verbleib der Briten in der EU. | |
Bild: Auf dem Heimweg ermordet: Joanne Cox | |
Kommenden Mittwoch wäre sie 42 Jahre alt geworden. Am Donnerstag ist die | |
Unterhaus-Abgeordnete Helen Joanne Cox, genannt Jo, in Birstall in der | |
nordenglischen Grafschaft Yorkshire niedergestochen und niedergeschossen | |
worden. Sie hatte gerade ihre regelmäßige Sprechstunde in ihrem Wahlkreis | |
beendet. Cox, die erst im vorigen Jahr ins Parlament gewählt worden war, | |
galt als eine der größten Hoffnungsträgerinnen der Labour Party. | |
Cox kam 1974 in Batley auf die Welt. Ihr Vater arbeitete in einer | |
Kosmetikfabrik, ihre Mutter war Schulsekretärin. In ihren Ferien arbeitete | |
Cox in derselben Fabrik wie ihr Vater, sie packte Zahnpastatuben in Kisten. | |
Nach ihrem Schulabschluss am Gymnasium Heckmondwike studierte sie | |
Sozialwissenschaften und Politik in Cambridge. | |
Erst in Cambridge begann sie, sich für Politik zu interessieren. „Mir wurde | |
klar, dass es wichtig ist, wo du herkommst, wie du sprichst und wen du | |
kennst“, sagte sie vor kurzem [1][in einem Interview mit der Yorkshire | |
Post]. Nach ihrem Abschluss in Cambridge arbeitete sie für Oxfam und | |
verbrachte einige Zeit in Entwicklungsländern. Darüber hinaus nahm sie an | |
der Gesundheitskampagne für Frauen und Kindern teil, die von Sarah Brown, | |
der Frau des Ex-Premierministers Gordon Brown, gegründet worden war. Cox | |
war Vorsitzende des Labour Women's Network, dessen Ziel es ist, mehr Frauen | |
ins Unterhaus zu bringen. Das Netzwerk bietet potenziellen Kandidatinnen | |
Beratung und Training an. | |
Eigentlich hatte Cox noch gar nicht vor, für das Unterhaus zu kandidieren, | |
doch als die Labour-Kandidatur für Batley und Spen, ihren Geburtsort, | |
voriges Jahr frei wurde, griff sie zu und wurde mit deutlicher Mehrheit | |
gewählt. Sie war eine von 36 Abgeordneten, die Jeremy Corbyn im Sommer als | |
Kandidaten für die Labour-Führung nominierten. Bei der Wahl stimmte sie | |
jedoch für Liz Kendall, die auf dem letzten Platz landete. Im Mai schrieb | |
Cox [2][in einem Artikel für den Guardian], dass sie Corbyn nur deshalb | |
nominiert habe, um eine Debatte in der Partei anzuschieben. Inzwischen | |
bedauere sie ihre Entscheidung. In dem Artikel kritisierte sie Corbyn für | |
seine „schwache Parteiführung, schlechtes Urteilsvermögen und falsche | |
Setzung von Prioritäten“. | |
Früher war Cox eine passionierte Bergsteigerin. Seit sie ins Unterhaus | |
gewählt wurde, musste sie ihre sportlichen Aktivitäten einschränken: Sie | |
radelte vom Hausboot auf der Themse, auf dem sie mit ihrem Mann Brendan und | |
ihren beiden kleinen Kindern Lajla und Cuillin lebte, zum Parlament. | |
Cox setzte sich vehement für Großbritanniens Verbleib in der Europäischen | |
Union, worüber das Land am kommenden Donnerstag abstimmen muss. Ob der Mord | |
im Zusammenhang mit dem Referendum steht, ist bisher nicht sicher. Der | |
mutmaßliche Täter, der 52-jährige Thomas Mair, soll während der Attacke | |
„Britain First“ gerufen haben – „Großbritannien zuerst“. Das ist auc… | |
Name einer rechtsextremen Organisation. Deren Vizechefin Jayda Fransen | |
bestritt jedoch jedwede Beteiligung und verurteilte die Tat. | |
Befürworter und Gegner eines britischen EU-Austritts haben sich nach dem | |
Mord an Cox darauf geeinigt, ihre Kampagnen für zwei Tage auszusetzen. | |
17 Jun 2016 | |
## LINKS | |
[1] http://www.yorkshirepost.co.uk/news/analysis/jo-cox-speaks-to-the-yorkshire… | |
[2] http://www.theguardian.com/commentisfree/2016/may/06/jeremy-corbyn-leadersh… | |
## AUTOREN | |
Ralf Sotscheck | |
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