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# taz.de -- Motorrad-Taxis in Indonesien: Die Anti-Stau-App
> Der Straßenverkehr bricht in Jakarta täglich zusammen, nun bringt eine
> App Erleichterung. Alteingesessene Taxifahrer sind nicht begeistert.
Bild: Durch den Stau hindurch: Motorradtaxi in jakarta
Jakarta ap | Stau-Hauptstadt der Welt: Ein solches Image löst bei
Investoren normalerweise keine Begeisterung aus. In Jakarta jedoch hat ein
einheimisches Unternehmen den Verkehrskollaps zu seinem Vorteil genutzt und
eine App entwickelt, die den Menschen das tägliche Chaos auf den Straßen
etwas erträglicher machen soll. Nur dass in Jakarta nicht wie in New York,
Neu-Delhi oder London Taxis gerufen werden, sondern Motorräder.
Rückblickend lag die Idee nahe, eine App für den Einsatz auf Smartphones zu
entwickeln, mit denen Motorrad-Taxis gerufen werden können. Mit dem
rasanten Erfolg von „Go-Jek“ in den vergangenen zwei Jahren hatte aber
selbst der Gründer nicht gerechnet. Der Name ist ein Wortspiel und bezieht
sich auf das indonesische Wort „ojek“ für Motorradtaxis, die von
Freiberuflern gesteuert werden. Davon gibt es in Jakarta immer weniger,
weil viele von ihnen inzwischen in den grünen Jacken von „Go-Jek“ unterwegs
sind.
„Wir wussten nicht, dass sie sich so schnell und so weit verbreiten
würden“, sagt Firmengründer Nadiem Makarim über seine App. Er räumt ein,
dass es am Anfang Probleme gegeben habe, als plötzlich Zehntausende das
Programm herunterluden. Makarim glaubt, dass der Verkehrskollaps in Jakarta
damals einen Punkt erreicht hatte, an dem einfach eine gewaltige Nachfrage
nach einer Lösung bestand. „Die Verbreitung von Smartphones hatte einen
Rekord erreicht, genauso wie der Verkehr“, sagt er. „Sich selbst und seine
Waren möglichst schnell von A nach B zu bringen, war nur mit dem Motorrad
möglich.“
Indonesien ist die größte Volkswirtschaft in Südostasien und zog als solche
auch Konkurrenten an: „Uber“ mit Sitz in den USA und „Grab“ aus Malaysi…
Grab wird von Makarims ehemaligem Studienkollegen in Harvard, Anthony Tan,
geführt. Beobachter erklären, die Wettbewerber seien größer als „Go-Jek“
und verfügten über deutlich mehr Mittel. Das kann entscheidend sein, wenn
in der Anfangszeit eines neuen digitalen Angebots Verluste auflaufen und
gleichzeitig immer neue Investitionen in die Technologie anstehen.
## Einzigartig genug für den Erfolg
„Go-Jek“ setzt allerdings auf eine etwas andere Strategie als die
Konkurrenz. Das Unternehmen erweiterte die App und bietet nun auch
Lieferdienste an. So bringen die Motorrad-Taxis fertige Mahlzeiten,
Lebensmittel und selbst Masseurinnen und Kosmetikerinnen ins Haus. Nach der
Taxi-Vermittlung sind „Go Send“, ein Postdienstleiter, und „Go Food“ f�…
Essenslieferungen die wichtigsten Geschäftszweige, wie Makarim erklärt.
„‚Go-Jek‘ begegnet dem Wettbewerb, indem wir eine Plattform für alles
schaffen, was unser Kunde will“, sagt der Gründer. „Es geht nicht darum,
was wir glauben, wie sie aussehen sollte. Wir lassen den Markt entscheiden,
was wir sein sollen.“
Florian Hoppe ist Partner beim Beratungsunternehmen Bain, das sich auf
Technologiethemen spezialisiert hat, und findet den Ansatz von „Go-Jek“
„ziemlich einzigartig“. Aber er passe zur Lage in Jakarta und anderen
indonesischen Städten, wo Verkehrsprobleme schon mal wichtige Geschäfte
behinderten.
„Es ist schwer zu sagen, wohin das führen wird“, sagt Hoppe. „Langfristig
werden spezialisierte Dienstleistungen im Vorteil sein, aber Indonesien ist
groß und einzigartig genug, dass ‚Go-Jek‘ auch langfristig sehr erfolgreich
sein könnte.“
## 200.000 Fahrer im Land
„Go-Jek“ entstand als unabhängiges Studienprojekt an der Harvard Business
School. In den Semesterferien kehrte Makarim nach Indonesien zurück und
führte das Unternehmen praktisch im Nebenjob weiter. In den ersten drei
Jahren stand nur ein Call Center zur Verfügung. Erst als sich Makarim
seiner Firma ab Mitte 2014 in Vollzeit widmete, kam die App für mobile
Geräte hinzu.
Wie auch in anderen Städten reagierten die Taxifahrer in Jakarta verärgert
auf das neue digitale Angebot, schließlich gingen ihre Umsätze zurück. Im
März legten Tausende von ihnen den Verkehr in der indonesischen Hauptstadt
lahm und lieferten sich Handgemenge mit den Fahrern von „Go-Jek“ und
„Grab“.
„Go-Jek“ beschäftigt nach eigenen Angaben mehr als 200.000 Fahrer im ganzen
Land. Die Nachfrage ist jedoch in Jakarta am größten, wo sich alle Anbieter
einen harten Wettbewerb um die Kunden liefern. Die Fahrpreise sind deshalb
inzwischen deutlich gesunken. Eine Fahrt mit „Go-Jek“ innerhalb der Stadt
kostet nur rund 12 000 Rupien (80 Cent). Das ist weniger als die Fahrer von
der Firma für ihre Arbeit bekommen. „Go-Jek“ verbrennt Geld.
## Gescheitertes Verbot
Und dennoch sind die Menschen in Jakarta von der App begeistert. Versuche,
sie wegen unlauteren Wettbewerbs zu verbieten, scheiterten bisher. So
erließ der Verkehrsminister im vergangenen Dezember eine Richtlinie, die
App-basierte Taxidienstleistungen untersagte. Der öffentliche Aufschrei war
jedoch so groß, dass Präsident Joko Widodo die Richtlinie schnell wieder
kassierte.
Ein Vorteil von „Go-Jek“: Die App ist eine rein indonesische Entwicklung
und spricht damit auch den Nationalstolz der Menschen an. „Wir sind eine
indonesische Firma, die hier begann“, sagt Makarim. „Wir haben einen
gewaltigen Wettbewerbsvorteil als erster im Markt und durch den wachsenden
Nationalismus und Stolz, dass wir die Technologie-Marke in Indonesien
sind.“
16 Jun 2016
## AUTOREN
Stephen Wright
## TAGS
Indonesien
Uber
Jakarta
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