# taz.de -- Energieexpertin zu Kohleausstieg: Kohlebagger gegen Windrad | |
> Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke fordert eine Obergrenze für | |
> Ökostrom. Die Energieexpertin Claudia Kemfert kontert. | |
Bild: Kohlebagger gegen Windräder: Wer darf hier seinen Strom ins Netz geben? | |
taz: Frau Kemfert, Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hat | |
eine Obergrenzen für erneuerbare Energien gefordert. Der Ökostrom dürfe | |
nicht wegen fehlender Stromnetze „für die Tonne produziert werden“ sagte er | |
am Donnerstag im ZDF. Was sagen Sie dazu? | |
Claudia Kemfert: Die Stromnetze sind oftmals überlastet, weil zu viel | |
Kohlestrom im Netz ist. Kohlekraftwerke werden nicht in ausreichendem Maße | |
heruntergefahren. Wir haben einen hohen Stromangebotsüberschuss. Statt | |
erneuerbare Energien herunterzufahren sollten zu allererst alte und | |
ineffiziente Kohlekraftwerke abgeschaltet werden. | |
Die Erforschung der Speichertechnologien sollte mit öffentlichen Mitteln | |
gefördert werden, fordert der Ministerpräsident weiter. Eine richtige | |
Schlussfolgerung? | |
Wir werden mittelfristig mehr Speicher benötigen, daher ist es nicht | |
falsch, diese heute zu erforschen. Einige sind auch schon marktreif. Im | |
Markt behaupten werden sie sich aber erst, wenn der große | |
Stromangebotsüberschuss durch Kohlekraftwerke vermindert wird und | |
erneuerbare Energien zunehmen. | |
Welche weiteren Aufgaben ergeben sich aus einem gewünschten wachsenden | |
Anteil an erneuerbaren Energien? | |
Das deutsche Stromsystem wird komplett transformiert. Wir kommen von einem | |
konventionellen Stromsystem mit Kern- und Kohlekraftwerken. 45 Prozent des | |
Stroms werden noch heute aus Kohle gewonnen. Wir haben einen | |
Strom-Angebotsüberschuss und verkaufen diesen in unsere Nachbarländer. Der | |
Strompreis an der Börse ist so niedrig wie nie. Wenn wir die ineffizienten | |
Kohlekraftwerke abschalten, wird das vorherrschende Überangebot sich | |
vermindern, somit auch die Stromnetze weniger belastet. Die erneuerbaren | |
Energien müssen auch hier als Sündenbock herhalten, um einen | |
überdimensionierten Stromnetzausbau zu rechtfertigen. Dabei wären | |
dezentrale, intelligente Netze samt Lastmanagement und mittelfristig mehr | |
Speicher viel wichtiger. | |
Die Braunkohle-Verstromung soll für eine zuverlässige Versorgung | |
fortgeführt werden, so der Ministerpräsident. In Brandenburg liegt | |
Deutschlands zweitgrößtes Braunkohlerevier. Wie bewerten Sie die | |
Energiepolitik der rot-roten Landesregierung in Bezug auf den | |
Kohleausstieg? | |
Es ist wichtig, den Kohleausstieg heute einzuleiten und diesen strukturiert | |
zu begleiten. Kohlekraftwerke passen nicht in eine nachhaltige | |
Energiewende, sie sind zu unflexibel in der Kombination mit volatilen | |
erneuerbaren Energien und produzieren zu große Mengen Treibhausgase. Es | |
wäre wünschenswert, dass die Landesregierung einen Kohleausstiegsplan | |
erarbeitet und zusammen mit den Gewerkschaften und Unternehmen den | |
Strukturwandel hin zu mehr Beschäftigte innerhalb der Energiewende | |
erarbeitet. Statt krampfhaft die Vergangenheit zu konservieren sollte in | |
die Zukunft geschaut werden und die wirtschaftlichen Chancen des | |
Strukturwandels umgesetzt werden. | |
13 May 2016 | |
## AUTOREN | |
Sophie Schmalz | |
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