# taz.de -- Abstieg aus der Fußball-Bundesliga: Galgenfrist für Viktor Skripn… | |
> Werder Bremen verliert zu Hause gegen Augsburg und rutscht auf den | |
> Relegationsplatz. Der Trainer darf trotzdem weitermachen. | |
Bild: Darf vorerst weiter gegen 17 Bundesligisten und die Medien kämpfen: Vikt… | |
BREMEN taz | Man fragt sich schon seit längerer Zeit, ob sie bei Werder | |
Bremen kein anderes Liedgut haben als jenes, das von Meisterschaften und | |
Pokalsiegen kündet, das penetrant die glorreichen Zeiten beschwört. Die | |
Lieder jedenfalls, die sie immer noch vor den Partien im Weserstadion | |
spielen, könnten unpassender kaum sein. Werder ist nicht nur kein großer | |
Klub mehr, Werder ist dem Bundesligaabstieg so nahe wie seit 35 Jahren | |
nicht mehr. Und der Trainer, Viktor Skripnik, wankt nach dem 1:2 gegen den | |
FC Augsburg. | |
Werders Profis standen nach dem Schlusspfiff wie angewurzelt im | |
Mittelkreis. „Schockstarre“, nannte Werder Geschäftsführer Thomas Eichin | |
das. Und als sich die Mannschaft dann in Bewegung setzte in Richtung | |
Ostkurve, zu den treuesten Fans, da hatten sich selbst die abgewandt und | |
pfiffen die Spieler aus. „Das ist absolut bitter“, sagte Clemens Fritz, | |
wohl wissend, dass mit Darmstadt und Hoffenheim zwei Konkurrenten im | |
Abstiegskampf gewonnen hatten, „wir sind der große Verlierer dieses | |
Spieltags“. Werder steht nach der Pleite auf dem Relegationsplatz. | |
Ein noch größerer Verlierer könnte Skripnik sein. Eichin verkündete | |
zunächst: „Dieses Spiel hat uns mental in den Keller gehauen. Wir werden | |
jetzt gemeinsam überlegen, was zu tun ist.“ Auf Nachfrage, ob er sich die | |
Überlegungen gemeinsam mit Skripnik machen würde, sagte Eichin mit | |
versteinerter Miene: „Es ist nicht unser Anliegen, den Trainer zu | |
wechseln.“ Keine zehn Sekunden später schickte er den Satz hinterher: „Nach | |
diesem Spiel schließe ich nichts mehr aus.“ Nachdem er darüber eine Nacht | |
geschlafen hatte, hatte der Geschäftsführer sich entschieden: für ein | |
Weitermachen mit Skripnik, zunächst. „Alle Mannschaften unten haben eine | |
Trainerdiskussion“, sagte Eichin, „die muss man aushalten, Viktor kann | |
das.“ | |
Dabei hatte Skripnik genau daran Zweifel gesät. Hinsichtlich des | |
Fußballnachmittags verlor er sich wie so oft in Allgemeinplätzen. „Es gibt | |
so Spiele, wo du machst das Spiel, und Gegner macht die Tore.“ Auf die | |
Frage, ob er in Erwägung ziehen würde, zurückzutreten, reagierte er einmal | |
mehr beleidigt. Er müsse gegen 18 Mannschaften kämpfen, sagte der | |
Noch-Werder-Trainer – gegen 17 in der Bundesliga und gegen die Medien. Es | |
ist eine schlechte alte Tradition, dass Werder-Trainer in Krisenzeiten den | |
Medien eine Mitschuld an der Misere geben wollen. Otto Rehhagel konnte das | |
wie kein anderer und auch Thomas Schaaf reagierte immer dünnhäutiger, je | |
näher man der Abstiegszone kam. | |
Skripnik wirkt schon länger ratlos. Ohne den verletzten Claudio Pizarro | |
angetreten, schaffte Werder es zu keiner Sekunde, die arg | |
ersatzgeschwächten und mental angeschlagenen Augsburger unter Druck zu | |
setzen. Der auch von Skripnik propagierte „Werder-Weg“, verstärkt auf | |
Eigengewächse zu setzen, scheint jedenfalls in die zweite Liga zu führen. | |
Wobei man festhalten muss, dass Werder diesen Weg nicht wirklich gegangen | |
ist. Skripnik schmiss ein Talent nach dem anderen ins kalte Wasser der | |
Bundesliga, um sie dann wieder ins Reserveteam abzuschieben. Ein echter | |
Plan war dabei selten zu erkennen. Der Entwicklung der jungen Leute war das | |
nicht gerade zuträglich, zumal der Klub in der Winterpause auch noch | |
erfahrene Leute holte. | |
Letztlich hat es nur einer der Youngster geschafft: Florian Grillitsch, der | |
am Samstag das 1:0 gegen Augsburg schoss. Der junge Österreicher besitzt | |
einen Vertrag bis 2017, Werder will ihn möglichst bald darüber hinaus | |
verlängern. Grillitsch hält sich bedeckt und wartet ab. Steigt Werder | |
wirklich ab, wird nicht nur er von anderen Erstligisten umworben werden. | |
Immerhin, angeblich gelten – bis auf eine Ausnahme – alle über 2016 | |
hinausreichenden Verträge der Werder-Profis auch für die 2. Liga. Der eine | |
oder andere wird dennoch gehen, für gutes Geld. Vielleicht beinhaltet ein | |
Abstieg sogar die Chance, den Werder-Weg konsequenter zu gehen. Verbunden | |
allerdings mit der Gefahr, dass dieser einst so große Klub komplett in der | |
Versenkung verschwindet. Wer sein Herz an die Grün-Weißen verloren hat, | |
muss sich in diesen Tagen wirklich Sorgen machen. Da helfen diese Lieder, | |
die an die guten alten Zeiten erinnern sollen, nicht. Sie nerven eher. | |
10 Apr 2016 | |
## AUTOREN | |
Sven Bremer | |
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