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# taz.de -- Kolumne Press-Schlag: Der bärtige Glöckner ist tot
> Der knochenharte Verteidiger genoss Kultstatus. Man nannte ihn den
> „bulgarischen Wolf“. Nun starb Trifon Iwanow mit nur 50 Jahren.
Bild: Beinhart: Trifon Iwanow im Dress von Rapid Wien
Ein großer Spieler ist tot. Trifon Iwanow. Der Bulgare ist nur 50 Jahre alt
geworden. Er war ein Spieler aus einer anderen Zeit. Es gab in diesen 90er
Jahren noch keine metrosexuellen Fußballer oder kickende Markenbotschafter.
Trifon Iwanow, ein knochenharter Verteidiger, hätte diese Konzepte
wahrscheinlich auch gar nicht verstanden. Oder abgelehnt. Iwanow trug
Vokuhila, grätschte ab, was ihm in die Quere kam, und war dem schnellen
Leben durchaus nicht abgeneigt.
In ihm erkennen viele Fans heute den Typus Fußballer wieder, wie er einmal
war. Iwanow erscheint rückblickend als ein Gegenentwurf zum
stromlinienförmigen Millionario. Das mag romantisierend, unterkomplex und
vielleicht sogar falsch sein, aber dieser Trifon Iwanow verkörperte nun mal
die Sehnsucht nach dem Kneipenfußballer, der am Abend vor dem Spiel zehn
halbe Biere kippt und am Spieltag dennoch Leistung bringt.
Man nannte ihn den bulgarischen Wolf, weil er oft finster drein blickte. Er
konnte aber auch so wunderbar sardonisch grinsen, dass einem psychisch
labilen Angreifer mulmig werden konnte. Ich habe Trifon Iwanow etliche Male
im Hanappi-Stadion in Wien-Hütteldorf bewundern dürfen. Es war seine beste
Zeit, und dieser schräge Typ mit dem Aussehen eines transsylvanischen
Einsiedlers war der heimliche Star dieser außergewöhnlichen Mannschaft.
Rapid Wien erreichte mit ihm das Europapokalfinale, verlor es nur knapp 0:1
gegen Paris St. Germain.
Überragend war vor allem sein Stellungsspiel. Er musste ein Meister des
ökonomischen Spiels sein, weil er nicht gerade eine Pferdelunge besaß. Sein
Mitspieler Didi Kühbauer verriet einmal, wie es um die Fitness des Bulgaren
bestellt gewesen ist. Bei Fitnesstest habe es die Gruppe der Besten
gegeben. Dann kam lange nichts. Dann kamen die Mittelmäßigen. Dann Trainer
Ernst Dokupil, dann erst Trifon Iwanow.
## Ein Vollbart in vier Stunden
Wenn nichts mehr half, dann packte Iwanow schon mal die Sense aus und
holzte den enteilten Stürmer um. Er sammelte viele Rote Karten, überwarf
sich mit Trainern wie Gilbert Gress bei Xamax Neuchatel und letztlich auch
mit dem recht langmütigen Ernst Dokupil.
Das zementierte seinen Kultstatus nur noch mehr – wie auch zahlreiche
Legenden, die sich um diesen sagenhaften Spieler ranken. Er soll auf dem
Weg zu einem Freundschaftsspiel in seinem Ferrari sechsmal von der Polizei
wegen Rasens angehalten worden sein.
Der ehemalige taz-Kolumnist Christoph Biermann sagte über ihn, er sei der
einzige Spieler in der Geschichte der Fußball-Weltmeisterschaften, der das
Casting zum Glöckner von Notre Dame ungeschminkt gewonnen hätte. Peter
Schöttel wusste zu berichten: „Trifon Iwanow ist der einzige Mensch, den
ich kenne, der, wenn er sich rasiert, vier Stunden später wieder einen
Vollbart hat.“
## „Gesicht eines Vorbestraften“
Nach seiner Karriere, die er beim Floridsdorfer AC im Jahr 2001 beendete,
widmete er sich in Bulgarien Bankgeschäften. Der Mann mit dem „Gesicht
eines Vorbestraften“ (11 Freunde) war auch Besitzer einiger Tankstellen in
seiner Heimat. Sehr sportlich lebte er offensichtlich nicht mehr. Das
konnte man auf Fotografien aus den letzten Jahren erkennen. Er starb am
Samstag an einem Herzinfarkt.
Sein Tod ist nicht nur den Leuten seines ehemaligen Klubs Rapid „sehr nahe
gegangen“, wie die Presseabteilung mitteilt, auch viele Fußballfans
reagierten betroffen. Sie haben sich mit ihm, der beim FC Weliko Tarnowo
das Fußballspielen lernte, identifiziert – mit einem Relikt aus längst
vergangenen Tagen.
15 Feb 2016
## AUTOREN
Markus Völker
## TAGS
Fußball
Bulgarien
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Thomas Müller
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