# taz.de -- David Rojkowski über Zwangsarbeiter: „Geschönte Bilder“ | |
> Fast alle überliefertern Zwangsarbeiter-Fotos verschleiern deren harten | |
> Alltag. Ein Vortrag im Museum der Arbeit erklärt, warum das so ist. | |
Bild: Es fing ganz langsam an: Von den Nazis schikanierte Juden Anfang der 1930… | |
taz: Herr Rojkowski, wie gut ist der Alltag von Zwangsarbeitern | |
fotografisch dokumentiert? | |
David Rojkowski: Von Zwangsarbeitern gibt es viele Fotos und sie dienten | |
sehr verschiedenen Zwecken. Einen großen Teil machen Propagandafotos des | |
Nazi-Regimes aus, mit denen freiwillige Zwangsarbeiter im Ausland geworben | |
werden sollten. Veröffentlicht wurden sie unter anderem in der | |
Wehrmachtsauslandszeitschrift „Signal“ mit zwei Millionen Auflage. | |
Zeigen diese Fotos hart arbeitende Menschen und schlagende Aufseher? | |
Nein. Es sind fast alles inszenierte Fotos, auf denen viel gelacht und | |
wenig gearbeitet wird. Die harte Realität kommt nicht vor, weswegen man | |
solche Fotos kommentieren muss. Sonst gerät man eins zu eins in die | |
Propagandasprache der Nazis hinein. | |
Gib es weitere offizielle Bilder? | |
Ja, die erkennungsdienstlichen Fotos, die bei der Registrierung entstanden | |
sind. Interessant ist, dass sie mit der Zeit ihren Zweck verändert haben | |
und inzwischen als Erinnerungsstück in privaten Alben kleben. | |
Aber auch auf den privaten Fotos schauen viele Zwangsarbeiter fröhlich. | |
Warum? | |
Weil sich erstens niemand getraut hat, das Elend zu fotografieren; schon | |
ein Gruppenfoto, das den deutschen Arbeitgeber zusammen mit Zwangsarbeitern | |
zeigt, konnte zu Denunziation führen. Und andererseits wollten die | |
Zwangsarbeiter mit solchen Bildern ihre Familien in der Heimat beruhigen. | |
Manche gingen sogar ins Fotostudio. | |
Ja, viele Polinnen, die in den Bergedorfer Kap-Asbest-Werken arbeiteten, | |
sind zum Beispiel ins Foto-Atelier Waschke auf der Reeperbahn gegangen. Sie | |
haben sich schick gemacht und schöne Fotos machen lassen, um sie im | |
Freundeskreis auszutauschen. Denn trotz allem haben die Menschen versucht, | |
ein normales soziales Leben zu führen. | |
Insgesamt existieren also fast nur fröhliche Bilder von Zwangsarbeitern. | |
Es gibt zwar Fotos von Exekutionen und Deportationen, aber die meisten der | |
erhaltenen Fotos zeigen eben ein scheinbar unbeschwertes Leben der | |
Zwangsarbeiter. Und genau deshalb muss man sie kommentieren. | |
Vortrag „Fotografie und Zwangsarbeit. Trügerische Idylle“ im Hamburger | |
Museum der Arbeit: 11.1.2016, 19 Uhr. Die zugehörige Ausstellung | |
„Zwangsarbeit“ läuft noch bis 3. April 2016 | |
10 Jan 2016 | |
## AUTOREN | |
Petra Schellen | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Nationalsozialismus | |
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