| # taz.de -- Darmstadts Kapitän Aytaç Sulu: „Nochmal alles rauskotzen“ | |
| > Im Spielerensemble aus Darmstadt ist Kapitän Sulu Fanliebling. Seine | |
| > Furchtlosigkeit wird im Pokalspiel gegen die Bayern gefragt sein. | |
| Bild: Ein echter Comebacker: Aytaç Sulu | |
| Darmstadt taz | Irgendwann im Juli, die Saison hatte noch gar nicht | |
| begonnen, da gewährte Aytaç Sulu einen Einblick in sein Seelenleben. Der | |
| Deutsch-Türke gab ein gemeinsames Interview mit Jonathan Heimes, dem am | |
| Krebs erkrankten Jungen, für dessen Belange sich gerade der Kapitän des SV | |
| Darmstadt 98 mitten im Aufstiegsrummel eben auch stets eingesetzt hatte. Es | |
| ging in dem Gespräch nicht allein um die Krankheit, sondern auch um Angst. | |
| Und bei diesem Thema setzte der furchtlose Innenverteidiger zu einer | |
| längeren Ausführung an. | |
| „Nein, ich habe auf dem Platz keine Angst, vor keinem Gegner. Wenn du Angst | |
| hast, dann hast du schon verloren, dann kannst du es nicht schaffen.“ | |
| Respekt immer, aber Angst sei für ihn die größte Schwäche, die Menschen | |
| haben. Er sagt: „Wenn etwas übermächtig erscheint, dann musst du dagegen | |
| ankämpfen.“ Genau jene Haltung ist für seine Mannschaft unabdingbar, die im | |
| DFB-Pokal mit der denkbar ungünstigen Konstellation konfrontiert wird: dem | |
| Auswärtsspiel beim FC Bayern (Dienstag 20.30 Uhr/live ARD). | |
| Als das Achtelfinale damals ausgelost wurde, wusste Präsident Rüdiger | |
| Fritsch nicht, ob er lachen oder weinen sollte. „Die Chance ist groß, dass | |
| wir in München keine Chance haben. Und auch wenn wir durch das | |
| Auswärtsspiel Mehreinnahmen erzielen, hätten wir jeden anderen Gegner gerne | |
| vorgezogen. Aber wir wären nicht wir, wenn wir nur zum Warmlaufen dorthin | |
| fahren würden“, erklärte Fritsch. | |
| Sulu ergänzte nun: „Wir können nochmal alles rauskotzen, was geht. Und dann | |
| ist bald Urlaub.“ Intern ist den Südhessen klar, dass der | |
| Bundesliga-Kehraus bei Borussia Mönchengladbach größere Bedeutung besitzt | |
| als die Pokal-Aufgabe beim FC Bayern. Im Zweifel sind Punkte für den | |
| Liga-Verbleib elementarer für den Emporkömmling, dessen Existenzkampf | |
| Fritsch gerne damit vergleicht, mit einem Holland-Rad bei der Tour de | |
| France mitfahren zu wollen. | |
| Dass Sulu zum zweiten Male in einem Halbjahr mit Philipp Lahm eine | |
| Seitenwahl vornimmt – nachdem die Lilien in der Liga mit 0:3 unterlagen – | |
| kommt für den seit vergangenen Freitag 30 Jahre alten Profi einem mittleren | |
| Wunder gleich. Aussortiert bei GençlerbirliğiAnkara, abgeschoben zu SC | |
| Rheindorf Altach in der zweiten österreichischen Liga, musste im Winter | |
| 2013 erst Darmstadt anklopfen, um dem Verteidiger eine letzte Chance zu | |
| eröffnen. | |
| „Und die Typen, die diese bekommen haben, nutzen sie auch gerne“, sagte der | |
| gebürtige Heidelberger einmal, der vor seinem Türkei-Abstecher für die | |
| zweite Mannschaft der TSG Hoffenheim und den Regionalligisten VfR Aalen | |
| gespielt hatte. Unbemerkt von einer größeren Öffentlichkeit. | |
| In dieser Hinsicht hat sich für ihn am meisten verändert. Statements nach | |
| jedem Pflichtspiel, Pflichtbesuche in mehreren Fernsehsendungen: Sulu taugt | |
| zugleich als Sprachrohr in der Ansammlung der Abgeschobenen und | |
| Ausgestoßenen. Zumal der nur 1,83-Meter-Mann derzeit der torgefährlichste | |
| Abwehrspieler der Bundesliga ist, der viermal in der Liga und einmal im | |
| Pokal traf. Immer auf die gleiche Art und Weise. | |
| ## Kopf unterm Arm | |
| „Er hat sehr viel Wucht, wenn er mit Tempo kommt. Das ist dann schwer zu | |
| verteidigen, zumal er ein gutes Timing hat“, lobt Trainer Dirk Schuster, | |
| der seit dem ersten Tag an auf Sulu gesetzt hat. „Aytaçgeht immer voran und | |
| hört erst auf, wenn er seinen Kopf unter dem Arm trägt.“ | |
| Unter den Anhängern hat sich ja das Bild eingebrannt, wie ihr Liebling im | |
| Zweitliga-Heimspiel gegen Erzgebirge Aue im September 2014 mit Carbonmaske | |
| und Turban durchhielt. Zuvor hatte er bereits Frakturen an Kiefer, | |
| Jochbein, Augenhöhle und Keilbein erlitten. Als ihr Gladiator, der im | |
| Defensivverhalten fehlende Schnelligkeit meist durch gutes Stellungsspiel | |
| ausgleicht, nun vor neun Tagen den Siegtreffer im Hessenderby in Frankfurt | |
| köpfte, hat er dies als „das wichtigste Tor der Hinrunde für unsere Fans“ | |
| kategorisiert. | |
| Der Familienvater, der nach Torerfolgen meist ein Herzchen für Ehefrau | |
| Christina und Töchterchen Aylin formt, ist genau jener Typ selbstbewusster | |
| Quälgeist, die Schuster in seiner Mannschaft benötigt. Auch wenn am | |
| Dienstag mal wieder eine „Mission Impossible“ ansteht, in der es nach | |
| realistischer Einschätzung nur um Schadensbegrenzung gehen kann. Aber was | |
| haben Sulu und Heimes im Sommer als gemeinsame Parole ausgegeben: „Aufgeben | |
| ist keine Option.“ | |
| 15 Dec 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Frank Hellmann | |
| ## TAGS | |
| Fußball | |
| Fußball-Bundesliga | |
| Darmstadt 98 | |
| Aytac Sulu | |
| Fußball | |
| DFB-Pokal | |
| Fußball | |
| Fußball | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Peter Niemeyer über Darmstadt 98: „Unsere Geschichte findet jeder geil“ | |
| Der überraschende Erfolg von Darmstadt 98 sei simpel zu erklären, sagt | |
| Peter Niemeyer. Außerdem outet er sich als Fußball-Romantiker. | |
| DFB-Pokal der Männer: Werder wie in alten Zeiten | |
| Dank der besten Leistung seit Ewigkeiten gewinnt Werder Bremen mit 4:3 bei | |
| Borussia Mönchengladbach. In den weiteren Spielen siegen die Favoriten. | |
| Sonntagsspiele der Fußball-Bundesliga: Historischer Sieg | |
| Der SV Darmstadt gewinnt mit 1:0 seit 33 Jahren zum ersten Mal gegen | |
| Eintracht Frankfurt. Der VfB Stuttgart und Werder Bremen liefern ein | |
| schwaches 1:1. | |
| Fußballbundesliga Darmstadt – Ingolstadt: Das Aufsteigerduell | |
| Der FC Ingolstadt setzt sich durch im Duell der Bundesliga-Aufsteiger gegen | |
| Darmstadt. Mit 3:1 ging das Spiel in Oberbayern zu Ende. |