# taz.de -- Die Wahrheit: Fresstour mit den Königs | |
> Neues aus Neuseeland: Wenn Aotearoa endlich mal Rugbyweltmeister wird, | |
> werden Royals vor Ort zu krasser B-Prominenz. | |
Dass wir vor zwei Wochen Rugby-Weltmeister wurden, ist noch lange nicht | |
verblasst. Denn fast so spektakulär wie der Sieg im Stadium war der Einzug | |
der Helden in der Woche darauf. Als die All Blacks vom World Cup in England | |
zurückkamen, zogen sie von Stadt zu Stadt: Auckland, Christchurch, | |
Wellington. Das löste jewaltigen Jubel und jroße Jefühle aus, wie man bei | |
mir zu Hause im Rheinisch-Bergischen sagt. Beides kenne ich gut vom Kölner | |
Karneval. Aber solche Emotionen sind selten im Land des Blökens. | |
Während unsere Götter in Schwarz Heimatboden küssten und zurückgeknutscht | |
wurden, dass es nur so spritzte, landeten zwei weitere Stars aus dem | |
britischen Königreich auf unseren Inseln. Genauer gesagt sind sie das | |
Königreich und wir ihre Untertanen: Charles und Camilla ließen sich mal | |
wieder down under blicken. Schlechtes Timing. Niemand wollte sie sehen. | |
Zehntausende säumten damals im Jahr 1982 die Straßen, als Charles mit Diana | |
anrückte. Diesmal stand am Flughafen von Wellington exakt eine einzige | |
Königstreue zur Begrüßung bereit. Im studentischen Dunedin hatte ebenfalls | |
niemand Interesse an einem VIP-Empfang, also mussten die Royals ihre | |
geplante Route ändern und zu Trittbrettfahrern werden. Um doch noch ins | |
Visier der TV-Kameras zu geraten, luden sie sich kurzerhand zur großen | |
Party der All Blacks im Parlamentsgebäude ein. „Gate crashing“ nennt man | |
das unter Kiwis. | |
Die Tage darauf futterten Herzog und Herzogin von Cornwall sich durchs | |
Land: Eine Weinverkostung hier, ein Käsehäppchen dort. Beste Muscheln aus | |
den Marlborogh Sounds, feinster Lachs, ein Bier-Besuch in der West Coast | |
Brewery. Anlass der Tour de Fress war nicht die Angst davor, dass Aotearoa | |
zur Republik werden und das Empire verlassen könnte, sondern das | |
kommerzielle Trommeln für Neuseelands Essen. | |
So wie einst die abgehalfterte Pamela Anderson zur „Fashion Week“ nach | |
Auckland eingeflogen wurde, um Kiwi-Mode etwas Glanz zu schenken, wurden | |
die Oldies aus London vom Staat dafür bezahlt, Lebensmittel zu bewerben. Es | |
hätte schlimmer kommen können. Man hätte sie auch zum öffentlichen | |
Schafescheren bei A&P-Shows einspannen können, um auf diesen jährlichen | |
Agrikultur-Jahrmärkten Neuseelands wunderbare Wolle unters Volk zu bringen. | |
Zumindest wissen wir jetzt, was Charles und Camilla eigentlich beruflich | |
machen. | |
Am Ende der Fresstour passierte dann doch noch ein Patzer. Die | |
kulinarischen Botschafter waren bei Ian Taylor eingeladen, einem | |
prominenten Geschäftsmann im Fernsehsportbusiness. Der Tee bei ihm war | |
leider britischer Twinings, aber der Schuss Milch darin Gott sei Dank von | |
hiesigen Schafen. Taylor stellte Charles’Tasse danach ungewaschen in seine | |
Glasvitrine, neben einen Emmy. | |
Für uns Untertanen, die weniger Monarchistengeist besitzen und bald | |
erstmals über eine neue Flagge abstimmen, ist seit letzter Woche klar: Den | |
Union Jack braucht niemand mehr. Höchstens auf Papierservietten nach | |
Lachshäppchengenuss. | |
19 Nov 2015 | |
## AUTOREN | |
Anke Richter | |
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