# taz.de -- Cannabis-Legalisierung: „Es geht an der Realität vorbei“ | |
> Anke Mohnert von der Drogenberatungsstelle Palette e.V. zweifelt am Sinn | |
> eines Modellprojekts zur Cannabis-Abgabe. | |
Bild: Vorbild Niederlande? In einem Coffeshop in Maastricht wird Ware abgepackt. | |
taz: Wie sinnvoll ist ein Modellprojekt zur kontrollierten Abgabe von | |
Cannabis in der Sternschanze, Frau Mohnert? | |
Anke Mohnert: Das Modellprojekt soll dazu dienen, dass der Handel und | |
Konsum von Cannabis in der Schanze verschwindet. Cannabis ist aber eine | |
Droge, die fast überall verfügbar ist. Bei einem Modellprojekt erwirbt nur | |
ein kleiner Teil der Konsumenten die Drogen legal, die anderen kaufen | |
weiter bei den Dealern. Es geht also vollkommen an dem täglichen Geschehen | |
auf dem Cannabis-Markt vorbei. Das eigentliche Problem ist die Illegalität | |
und die wird nicht mit einem Modellprojekt gelöst. | |
Was halten Sie von einer Insellösung, nach der es in der Schanze einen oder | |
mehrere Orte geben soll, an denen sich Menschen legal Cannabis kaufen | |
können? | |
Ich glaube, die Insellösung ist eine schlechte Idee. Wenn sich Drogenkonsum | |
nur auf einen einzigen Stadtteil konzentriert, ist das weder für die | |
Anwohner noch Konsumenten gut. | |
Eine Argument ist, dass die kontrollierte Cannabis-Abgabe die Kriminalität | |
im Viertel bekämpfen soll. Was halten Sie davon? | |
Das Modellprojekt kann einen Anstoß geben, das Problem zu thematisieren, | |
aber es wird die Illegalität nicht aufheben. Die Kriminalität im | |
Cannabis-Markt wird weiterhin bestehen, denn der Handel und Besitz bleibt | |
ja illegal. | |
Was muss sich in der Drogenpolitik verändern? | |
Das Betäubungsmittelgesetz muss geändert werden. Die ursprüngliche Idee des | |
Gesetzes war eine drogenfreie Gesellschaft – und das hat nicht | |
funktioniert. Cannabis ist nach Alkohol, Tabak und Medikamenten die | |
meistgenutzte Droge und wird von vielen gar nicht mehr so wahrgenommen. | |
Cannabis ist salonfähig geworden, sowohl als Arznei- als auch als | |
Genussmittel. | |
Gibt es europäische Vorbilder im Umgang mit Cannabis? | |
In Spanien gibt es Cannabis Social Clubs, in denen selbst angebaut und ohne | |
Gewinnorientierung geraucht wird. Gegen einen Mitgliedsausweis kann man | |
dort legal Cannabis konsumieren. Das ist durchaus freier und | |
selbstbestimmter als ein Modellversuch. | |
Sie sind also für eine vollständige Legalisierung von Cannabis? | |
Ja, aber nur für Erwachsene und in einem regulierten Markt. | |
Wie könnte ein regulierter Markt aussehen? | |
Da gibt es verschiedene Ansätze. Man könnte Produktionskontrollen | |
einführen, Abgabestellen lizensieren oder Cannabis in Apotheken verkaufen. | |
Das muss man sich gemeinsam überlegen. | |
Was ist der Vorteil einer regulierten Abgabe? | |
Konsumenten wissen dann, was sie konsumieren. Es gibt mittlerweile ganz | |
unterschiedliche Anbaumethoden. Ein Beipackzettel könnte über die | |
Wirkstoffe und mögliche Nebenwirkungen informieren. Man könnte darüber | |
aufklären, was man beim Konsum beachten muss. Und der wäre nicht mehr so | |
tabuisiert und stigmatisiert. Konsumenten könnten schneller in | |
Hilfseinrichtungen kommen, wenn sie Probleme haben. | |
Den Einschätzungen nach zu urteilen, wird ein Antrag aus Berlin für ein | |
solches Modellprojekt abgelehnt. Wie kann es weitergehen? | |
Wir haben noch einen langen Weg vor uns. Bis dahin müssen wir verschiedene | |
Ideen und Ansätze entwickeln, damit das Thema im Gespräch bleibt. Niemand | |
ist mit der momentanen Situation glücklich. Es kann nur im öffentliches | |
Interesse liegen, dass da etwas verändert wird. | |
7 Sep 2015 | |
## AUTOREN | |
Larissa Robitzsch | |
## TAGS | |
Cannabis | |
Cannabis | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Kriminalisiertes Saatgut: Saatgutshopping weiter illegal | |
Mediseed war der einzige Laden Deutschlands, in dem man legal Cannabissaat | |
kaufen konnte. Nun wurde die Inhaberin wegen Drogenhandels verurteilt. | |
Abhängigkeit von Cannabis: „Kiffen war mein Anker“ | |
Mit 33 Jahren beginnt Alexander ein neues Leben ohne Drogen. „Mein Gehirn | |
war wie ein gefrorenes Hühnchen“, sagt er über seine Sucht. |