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# taz.de -- Streit um Patientendaten: Kassen ignorieren Datenschutz
> Bundesdatenschutzbeauftragte rügt, dass Patientendaten widerrechtlich an
> Krankenkassen gehen. Hamburgs Aufsicht aber mag nicht einschreiten.
Bild: Zu Diagnosen gehören Daten, die nicht für jeden bestimmt sind
HAMBURG taz | FDP-Mann Wieland Schinnenburg ist fassungslos: Die
Gesundheitsbehörde billigt, dass sensible Patientendaten den Krankenkassen
zugänglich gemacht werden. Das hat der gesundheitspolitische Sprecher der
FDP-Bürgerschaftsfraktion herausgefunden. Die Bundesdatenschutzbeauftragte
Andrea Voßhoff kritisierte diese umstrittene Praxis bereits.
Im Mittelpunkt des von der FDP ausgemachten Datenskandals stehen neben den
Kassen vor allem deren Medizinischer Dienst (MDK). Dessen Aufgabe ist die
Begutachtung von Behandlungen. Dazu darf der MDK bestimmte Sozialdaten der
betroffenen Patienten von den behandelnden Ärzten und anderen Therapeuten
anfordern – persönliche Informationen, die die Krankenkassen selbst nichts
angehen.
Das umstrittene Verfahren ging so: Mediziner leiteten diese Daten über die
Krankenkassen dem Medizinischen Dienst im sogenannten „Umschlagverfahren“.
In einem an die Krankenkasse adressierten Briefumschlag befand sich ein
verschlossener Umschlag, den die Kasse ungeöffnet an den Dienst weitergab.
Doch die Praxis sah oft anders aus. „Dass einige Kassen die Briefe
widerrechtlich geöffnet haben“, kann Voßhoff belegen. Schlimmer noch:
Selbst wenn die sensiblen Patientendaten den MDK im verschlossenen Umschlag
erreichte, gab er diese nicht selten offen an die Krankenkassen zur Ablage
zurück. Spätestens zu diesem Zeitpunkt erhielten die Kassen Kenntnis über
die Daten, die sie nichts angingen.
„Das Umschlagsverfahren ist nicht mehr zulässig“, sagte Voßhoff, „eine
Weiterleitung über die Krankenkassen verstoße eindeutig gegen den
Datenschutz.“ Ärzte und Therapeuten müssen Patientendaten in Zukunft direkt
an den MDK schicken. Und da sie die Vorstöße der Krankenkassen sehr ernst
nehme, so Voßhagen, werde sie ab sofort Kassen, MDK und Leistungserbringer
kontrollieren, ob sie das Umschlagsverfahren auch tatsächlich beenden.
Jeder Verstoß werde künftig konsequent geahndet.
In Hamburg kann Voßhoff sich diese Kontrolle sparen, sie könnte gleich
ahnden. Denn aus einer aktuellen Senatsantwort auf eine Kleine Anfrage der
FDP geht hervor, dass sich kaum eine der in Hamburg ansässigen Kassen um
die Auflagen der Bundesdatenschutzbeauftragten schert. „Nach Auskunft des
MDK Nord wird das Umschlagsverfahren“, so antwortete der Senat, „weiter von
den hier ansässigen Krankenkassen angewandt.“
Einschreiten könnte die für die Aufsicht über die Kassen zuständige
Hamburger Gesundheitsbehörde nur in einem Fall: Bei der
Betriebskrankenkasse der Beiersdorf AG. Alle anderen in Hamburg ansässigen
Kassen sind bundesweit tätig und unterliegen damit der Kontrolle des
Bundesversicherungsamtes. Doch auch bei der BKK Beiersdorf will Hamburg die
Hände in den Schoß legen. Man sehe „keine Notwendigkeit“, heißt es in der
federführend von der Gesundheitsbehörde verfassten Senatsantwort, „das
bisher bei der BKK Beiersdorf beanstandungslos verlaufene
Umschlagsverfahren erneut zu prüfen“.
Für Wieland Schinnenburg ist „das Verhalten der von Senatorin Cornelia
Prüfer-Storcks geleiteten Gesundheitsbehörde erschreckend“. Sie setze „si…
über einen eindeutigen Hinweis der Bundesdatenschutzbeauftragten hinweg und
toleriert ein Verfahren, das den Schutz höchst sensibler Patientendaten
gefährdet“. Schinnenburg will deshalb nicht locker lassen: „Wenn die
Senatorin nicht zeitnah eingreift werden wir den Hamburgischen
Datenschutzbeauftragten einschalten.“
10 Sep 2015
## AUTOREN
Marco Carini
## TAGS
Patientendaten
Gesundheitspolitik
Datenschutzbeauftragte
Patientendaten
Gesundheit
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