# taz.de -- Freies Internet für Berlin: Beim Senat hat es endlich gefunkt | |
> Nach langem Warten kommt das WLAN für die ganze Stadt. Bzw. für die | |
> halbe. Bzw. für ausgesuchte Orte. | |
Bild: Bald fast für ganz Berlin... | |
Nun hat es doch noch gefunkt in Sachen WLAN: Berlin bekommt ein freies Netz | |
in der Innenstadt, das Touristen wie Einheimische nutzen können. An 650 | |
„Hotspots“ soll man ab Frühjahr 2016 ins Netz gelangen, wie | |
Senatskanzleichef Björn Böhning vor Kurzem mitteilte. Die Opposition | |
kritisiert die gefundene Lösung als unausgegoren. | |
Mit der Auswahl des Fürther Start-ups „abl social federation“, das für den | |
Betrieb des Berlin-WLAN 170.000 Euro Anschubfinanzierung erhält und keine | |
Miete für die Anbringung seiner Technik zahlen muss, hat der Senat geradezu | |
einen gordischen Knoten zerschlagen: Die Forderung nach einem städtischen | |
WLAN ist rund zehn Jahre alt, drei Anläufe scheiterten in den letzten | |
sieben Jahren. Die im vergangenen November erfolgte Ausschreibung war nun | |
erfolgreich, auch wenn sich der damals von Böhning verkündete Starttermin – | |
„Anfang 2015“ – doch wieder um ein Jahr verschoben hat. | |
Ausgewählt wurde die Firma abl laut Senatssprecher Bernhard Schodrowski, | |
„weil deren Angebot den Kriterien am nächsten kommt“. Welche das sind, soll | |
bei der offiziellen Vorstellung des Vorhabens im August präzisiert werden. | |
Ein Projekt dieser Größe findet sich in den Referenzen des Unternehmens | |
noch nicht: Es hat unter anderem das bayerische Finanzministerium, eine | |
Münchener Einkaufspassage und den Fürther Bahnhof mit WLAN ausgestattet – | |
Letzteren übrigens durch den Einbau der Router in die Süßwarenautomaten. | |
Ein anspruchsvolleres Projekt, WLAN im Stadion des VfL in Bochum, steht im | |
Auftragsbuch, wurde aber noch nicht umgesetzt. | |
„Wir arbeiten jetzt intensiv an der Realisierung“, sagte Schodrowski zur | |
taz, dämpfte aber Erwartungen an einen besonders raschen Start. Man wolle | |
das WLAN so bald wie möglich in Betrieb nehmen, aber „es soll auch | |
funktionieren“. Deshalb gelte der Grundsatz „Gründlichkeit vor | |
Schnelligkeit“. | |
## Nicht voll ausgeleuchtet | |
Wie sieht das Berlin-WLAN konkret aus? Auf jeden Fall wird die Stadt nicht | |
voll „ausgeleuchtet“, wie eine lückenlose Versorgung im Expertenjargon | |
heißt. Die „Hotspots“, also die Router, die Telefon oder Tablet ins | |
schnelle Netz verhelfen, hängen punktuell an Straßen oder Gebäuden. Daraus | |
kann auch eine größere Zone entstehen, in der sich das private Gerät ohne | |
weiteres Zutun von Hotspot zu Hotspot hangelt, erklärt Nils Jahn, | |
stellvertretender Geschäftsführer von abl. Das Einloggen sei jedenfalls | |
simpel: „Der User sieht eine Begrüßungsseite, er akzeptiert die AGBs und | |
kann sich sofort verbinden. Ein Passwort ist nicht nötig, es wird auch | |
keine Mailadresse abgefragt.“ | |
So viel Unkompliziertheit würde an belebten Orten schnell zur Überlastung | |
des Systems führen. Um den Komplettausfall zu verhindern, kann der | |
Betreiber die Übertragungsrate kontrolliert drosseln: „Dann können alle | |
noch E-Mails oder WhatsApp-Nachrichten schicken“, erklärt Jahn, „aber eben | |
keine HD-Videos mehr.“ In Nürnberg musste sein Unternehmen erfahren, dass | |
ein Rund-um-die-Uhr-Zugang sonderbare Folgen haben kann: „Wir haben die | |
Sparkasse mit einem Hotspot ausgestattet, und dann saßen nachts Gruppen | |
von Jugendlichen davor und spielten World of Warcraft“. Mittlerweile wird | |
das WLAN nachts abgeschaltet. | |
Wo genau die Hotspots in Berlin installiert werden, ist offen. Hier setzt | |
die Kritik der Opposition an. Stefan Gelbhaar, netzpolitischer Sprecher der | |
Grünen, findet es falsch, dass der Senat nicht die Verkehrsunternehmen ins | |
Boot geholt hat: „WLAN ist dort besonders sinnvoll, wo Menschen sich | |
orientieren müssen, und das ist in Bahnhöfen der Fall. Jetzt sieht alles | |
nach einer willkürlichen Verteilung der Hotspots aus.“ Tatsächlich sollen | |
die Bezirke in den kommenden Wochen ihren individuellen Bedarf anmelden. | |
Auch Pirat Simon Weiß sieht in der Entscheidung des Senats keinen großen | |
Wurf. Ihn stört vor allem, dass der Ansatz einer WLAN-Plattform aufgegeben | |
wurde, die vielen Betreibern gleichmäßig offenstünde, kommunitären wie den | |
„Freifunkern“, öffentlichen oder eben kommerziellen. Mit dem | |
Exklusivvertrag für den fränkischen Anbieter bleibe es bei einem ungleichen | |
Nebeneinander. | |
17 Jul 2015 | |
## AUTOREN | |
Claudius Prößer | |
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