# taz.de -- Taliban in Afghanistan: Islamabad bootet Katar aus | |
> Die afghanische Regierung hat sich mit Vertretern der Taliban in Pakistan | |
> getroffen. Ob sie überhaupt dazu autorisiert sind, ist unklar. | |
Bild: Taliban-Kämpfer haben ein Gelände des afghanischen Geheimdienstes gest�… | |
Berlin taz | Erstmals haben sich in Pakistan Vertreter der afghanischen | |
Regierung mit Vertretern der Taliban zu direkten Gesprächen getroffen. In | |
Murree, einem Ausflugsort nahe der Hauptstadt Islamabad mit gemäßigtem | |
Klima, was im derzeitigen Fastenmonat Ramadan hilfreich ist, sollten | |
Möglichkeiten für formale Friedensgespräche ausgelotet werden. | |
Dazu reiste aus Kabul eine Delegation an, die das Twitterkonto Präsident | |
Aschraf Ghanis als eine des Nationalen Friedensrates (NFR) bezeichnet. | |
Geführt wird sie aber von Vizeaußenminister Hekmat Khalil Karsai – einem | |
Cousin des früheren Präsidenten Hamid Karsai. Dazu kommt NFR-Mitglied | |
Hadschi Din Muhammad, ein Ex-Warlord mit guten Beziehungen nach Pakistan. | |
Für die Taliban sollen unter anderen Ex-Vizeaußenminister Mullah Abdul | |
Dschalil sowie Ex-Planungsminister Qari Din Muhammad Hanif teilgenommen | |
haben. Hanif nahm wiederholt an sogenannten Track-2-Gesprächen teil, bei | |
denen kein Teilnehmer in offizieller Funktion sprach. | |
Die Gespräche endeten jetzt mit einer Einigung, sich nach dem Ramadan, also | |
ab Ende Juli, erneut zu treffen. In afghanischen Medien hatte es vorab | |
geheißen, die Delegation aus Kabul sollte die Taliban zu einer Waffenruhe | |
überreden. Davon ist jetzt nicht mehr die Rede. | |
Die Taliban hatten das schon mehrmals abgelehnt, unter anderem während | |
separater, von der internationalen Nichtregierungsorganisation | |
Pugwash-Konferenz vermittelter Sondierungsgespräche im Mai in Katar. | |
Vielmehr intensivierten die Taliban ihre Angriffe, brachten den früheren | |
Bundeswehrstandort Kundus zweimal fast zu Fall und besetzten zeitweise mehr | |
als ein halbes Dutzend Distriktzentren. | |
## Die Vollmachten sind unsicher | |
Präsident Ghani hatte sich seit seiner Amtsübernahme im September bemüht, | |
mit Chinas Hilfe Pakistan zur Zusammenarbeit zu gewinnen. Pakistan ist ja | |
jetzt nicht nur Gastgeber der Gespräche, sondern auch seit Jahren der | |
Taliban-Führung. Diese operiert von dort aus grenzüberschreitend. Deshalb | |
ist Ghanis Kurs in Afghanistan umstritten. Vor allem die Anhänger seines | |
Amtsvorgängers Karsai – der weiter politische Ambitionen hegt – werfen | |
Ghani einen Ausverkauf an den Lieblingsfeind der Afghanen vor. | |
Bei den Gesprächen sollen auch chinesische und US-Beobachter anwesend | |
gewesen sein. Bereits im Dezember hatten sich afghanische, chinesische und | |
US-Diplomaten in London zu „privaten Gesprächen“ getroffen, um | |
Möglichkeiten für Verhandlungen mit den Taliban zu sondieren. | |
Die Führung in Peking hatte sich bei Ghanis Antrittsbesuch im Oktober 2014 | |
als Vermittler angeboten. Mitte Mai trafen sich dann Vertreter Kabuls und | |
der Taliban sowie pakistanische und chinesische Offizielle im | |
westchinesischen Urumtschi. Im März und Juni saßen afghanische und | |
Taliban-Vertreter bei Friedensseminaren in Norwegen miteinander im selben | |
Raum. Separat legten afghanische Politikerinnen Taliban-Vertretern ihre | |
Positionen dar. | |
Bei den jetzigen Gesprächen gab es Ungereimtheiten. So ist fraglich, ob die | |
anwesenden Taliban überhaupt die Vollmacht ihrer eigenen Führung hatten. | |
Ein Vertreter des Taliban-Büros im Golfstaat Katar stritt das ab, wie auch | |
schon anlässlich der Urumtschi-Gespräche. | |
Die Taliban-Führung bezeichnet ihr Büro in Katar als einzig autorisierten | |
Gesprächskanal. Die Gespräche könnten also jetzt Pakistans Versuch sein, | |
den Kanal durch Katar zu torpedieren und stattdessen andere Taliban in | |
Kontakt mit Kabul zu bringen, die Islamabad genehmer sind. Denn die | |
eigentliche Taliban-Führung hatte das Katar-Büro extra eingerichtet, um | |
sich Pakistans Einfluss zu entziehen. Auch Kabul und den USA könnte an | |
einer Spaltung der Taliban gelegen sein. | |
8 Jul 2015 | |
## AUTOREN | |
Thomas Ruttig | |
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