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# taz.de -- Rundfunkteilnehmer gegen Halbmond: Bayern funktioniert noch
> In der „Themenwoche Ramadan“ blendet der BR einen Halbmond ein – und na…
> Zuschauerprotest wieder aus. Ein schleimiges Lehrstück.
Bild: Störendes religiöses Symbol. Nein, nicht das in große in der Bildmitte…
Für einen katholischen Bayern ist der Ramadan ein schwer zu verstehendes
Phänomen. Ja, Fasten, das beherrschen die Bayern auch. Aber eben ganz
anders als die Muslime. Zur Fastenzeit vor Ostern darf zwar nicht immer und
überall Fleisch gegessen werden, dafür soll man ein speziell eingebrautes
Bier saufen. Das ist meist zuckersüß, überaus nahrhaft und hat einen
irrwitzig hohen Alkoholgehalt. Im Vollrausch lässt sich die Fastenzeit eben
am besten aushalten.
Lustig soll sie auch sein, diese Zeit der Besinnung. Und so dürfen lustige
Schauspieler jedes Jahr zum Starkbieranstich die hohe Politik verarschen.
Weil die Verarschung oft nichts anderes ist als mit halbfrechen Bemerkungen
getarnte Arschkriecherei, hängen am Ende Verarscher und Verarschter
gemeinsam ihre Freibiergesichter in riesige Steinkrüge. Das ganze geschieht
jedes Jahr vor den laufenden Kameras des Bayerischen Rundfunks. Über die
Jahre ist damit eine Art immerwährende Dokumentation über die Hungerkünste
des bayerischen Volkes entstanden.
Nun hat sich der BR darangemacht, auch die Fastentraditionen der Muslime in
Bayern zu dokumentieren, und eine Themenreihe für Rundfunk und Fernsehen
zusammengestellt. Ein lobenswertes Unterfangen, denn für viele Bayern
könnte es durchaus interessant sein zu erfahren, dass man auch anders
fasten kann.
Und das allein hätten wohl auch die verkraftet, die den Zeiten nachtrauern,
als der Papst noch bayerisch war und der BR eine Standleitung in den
Vatikan hatte. Doch die Idee des Senders, die Themenwoche mit einem Logo zu
labeln, auf dem der islamische Halbmond zu sehen ist, die hat dann doch
vielen den Restalkohol der letzten Fastenzeit ins Hirn schießen lassen. Ein
Shitstorm brach über den BR herein.
## Katholische Hassprediger
Finster geht es zu in dessen Facebook-Kommentarspalten. Warum sich der
Sender nicht gleich Sharia TV nenne, fragt jemand, ein anderer spricht vom
Mohammedaner-Speichellecker-Kanal. Und ganz viele fordern, dass christliche
Symbole eingeblendet werden.
Der BR hat längst reagiert und antwortet den katholischen Hasspredigern mit
dem immergleichen Satz: „Dieses Logo hat zu Missverständnissen und
Irritationen geführt. Es wäre klüger gewesen, gleich deutlich zu machen,
dass es sich um einen Themenschwerpunkt handelt. Daher haben wir
beschlossen, das Logo zu entfernen, um den Schwerpunkt wieder auf die
Inhalte zu lenken.“
Welche Irritationen denn? Glaubt der BR ernsthaft, dass man ihn mit einen
IS-Propagandakanal verwechseln könnte, nur weil eine Mondsichel neben dem
Logo steht? Wie nennt man das nochmal, wenn jemand gar nicht erst sagt, was
er eigentlich sagen möchte, weil er vermutet, es könnte von irgendjemanden
falsch verstanden werden? Genau: Opportunismus. Der BR hat in dieser
Hinsicht ein schleimiges Lehrstück abgeliefert.
## Mondsichel und Staatspartei
Heilfroh darüber dürfte die CSU sein. In der Regierungsfraktion im
Bayerischen Landtag, so heißt es, sei schon an einem Beschwerdebrief an die
Intendanz des Senders gearbeitet worden. Der ist ja jetzt nicht mehr nötig
und so hat sich der BR eine Diskussion über seine Staatsnähe erspart. Denn
da kann der Sender noch so sehr auf seine kritischen Nischen wie das
Politmagazin „Quer“ oder die zahlreichen Kabarettsendungen verweisen –
diese Vorwürfe wird er nicht los.
Vor vier Jahren hat der damalige Umweltminister Markus Söder eine
Mitarbeiterin beim BR anrufen lassen, um einen kritischen Beitrag zu
verhindern – mit Erfolg. Und Anfang dieses Jahres durfte der nunmehrige
Superheimatminister Söder in der Superheimat-Seifenoper „Dahoam is Dahoam“
in einem Gastauftritt von seiner eigenen Politik schwärmen.
Der Staatssender hat die Mondsichel vom Bildschirm gebannt, bevor sich die
Staatspartei einmischen musste. Bayern funktioniert noch.
25 Jun 2015
## AUTOREN
Andreas Rüttenauer
## TAGS
Bayern
Bayerischer Rundfunk
Ramadan
Stefan Niggemeier
Fernsehen
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