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# taz.de -- Pokalsieger VfL Wolfsburg: Die neue Nummer zwei im Land
> Das Team hat einen schönen Spielstil kultiviert. Seit dem Antritt von
> Sportdirektor Allofs kommen bei Wolfsburg Geld und Know-how zusammen.
Bild: Am Tag nach dem Pokalsieg erwarten VfL-Fans ihre Mannschaft in Wolfsburg
BERLIN taz | Hinter der VW-Arena steht das neue Geschäftsgebäude des VfL
Wolfsburg und darin der Trophäenschrank des 1945 gegründeten Clubs. In
diesem befand sich bisher etwas verloren genau eine im Profifußball
gewonnene Trophäe: die Meisterschale von 2009. Sie galt der Welt als eine
Art Verirrung des Fußballschicksals. Nach dem 3:1 über Borussia Dortmund im
DFB-Pokalfinale 2015 wird sich die Zahl der Exponate verdoppeln. Die Frage,
die sich die einen bang, die anderen erwartungsvoll stellen, lautet: Kommt
da noch mehr?
Wolfsburgs Innenverteidiger Timm Klose sprach sichtlich euphorisiert davon,
dass dieser Sieg erst der Anfang sei. Ein Mitspieler ermahnte ihn umgehend,
mal lieber halblang zu machen. Aber wenn es Goldkonfetti regnet und danach
einen ganzen Sonntag lang die üblichen Siegesrituale absolviert werden,
sollte man auch die schmale Spur des üblich-domestizierten Redens verlassen
dürfen.
Dieses Finale zeigte zweierlei: erstens die Unwägbarkeiten des Fußballs im
Zeitalter des Versuchs, ihn möglichst kontrollierbar zu machen. Wolfsburg
begann extrem nervös, wurde von Dortmund zugepresst und durch Aubameyang
(5.) früh in Rückstand gebracht. Hätte Marco Reus seine Großchance (19.)
genutzt … Hat er aber nicht, und es kann auch kein Mensch mit Sicherheit
sagen, ob Klopp mit dem an zwei Treffern beteiligten Langerak den falschen
Torwart gebracht hat.
Von hinten analysiert sieht man zweitens, was Wolfsburgs Trainer Dieter
Hecking in dieser Saison vorangebracht hat: einen homogenen Teamfußball,
der auf Kontrolle durch Kurzpassspiel angelegt ist und aus dem heraus sich
Tempokonter und enorme individuelle Klasse entfalten.
In Standards wie bei Luiz Gustavos 1:1 nach Naldos Gewaltfreistoß (22.). In
eingeübten Kontern wie bei Bas Dosts 3:1 nach Ivan Perisics Flanke (38.).
Aus der Inspiration des Augenblicks heraus, und das heißt dann meistens
durch Kevin De Bruyne, wie bei dessen fulminanten Direktabnahmeschuss zum
2:1 (33.).
## Globale Entwicklung im Spätkapitalismus
Dortmund war die Nummer 2 im Land und Wolfsburg ist jetzt bis auf Weiteres
die Nummer 2 im Land. Vizemeister und Pokalsieger. Aber Dortmund, so
behaupteten es im Olympiastadion die BVB-Anhänger, sei „echte Liebe“,
Wolfsburg sei ja nur VW.
Es ist richtig, dass der zweitgrößte Automobilkonzern der Welt die VfL
Fußball GmbH besitzt und ihr den Vorteil verschafft, nicht nur auf Geld aus
klassischen Fußballerlösen angewiesen zu sein. Die Durchdringung des
Spitzenfußballs durch die Wirtschaft ist eine globale Entwicklung im
Spätkapitalismus. Dito, dass Unternehmen oder Manager sich mit dem Fußball
Bedeutung kaufen, die Literaturförderung oder Doktortitel nicht annähernd
bringen.
Man könnte aber auch sagen, dass der VfL, obwohl er zu 100 Prozent VW
gehört, ironischerweise der wichtigste Faktor im Lebensgefühl vieler
Wolfsburger, dass die Stadt eben nicht nur VW ist. Weil die emotionale und
kulturelle Kraft des Fußballs darin besteht, sich der Instrumentalisierung,
der Fifa-Korruption, den ganzen Arschloch-Faktoren, zeitweise zu entziehen.
Wenn 25.000 Wolfsburger im Olympiastadion den Pokalsieg feiern, dann feiern
sie nicht VW, sie feiern den Fußball ihres Team. Und selbstverständlich
sich selbst. Genau wie die Dortmunder sich feiern – und nicht ihre
Aktionäre.
## Geld schießt keine Tore
Wenn die Saison des VfL etwas gezeigt hat, dann dies, dass Geld eben keine
Tore schießt. Erst wenn viel Know-how und viel Geld zusammenkommen, wird es
für die anderen ganz oben gefährlich, und das ist in Wolfsburg seit
November 2012 der Fall, also seit dem Amtsantritt von Klaus Allofs.
Der Geschäftsführer Sport, de facto VfL-Chef, und der von ihm eingestellte
Trainer Dieter Hecking haben Club und Team erstmals nachhaltig aufgestellt,
die vorhandenen individuellen Potenzen Transfer für Transfer ergänzt und
das auf der Grundlage eines Spielstils, der Wolfsburg wiedererkennbar
gemacht hat und für den es sich lohnt, ins Stadion zu gehen.
In der berüchtigten VfL-Hymne heißt es: „Wolfsburgs Farben leuchten hell /
hell am Fußballfirmament“. Darüber konnte man bis vor Kurzem allenfalls
grinsen. Es mag hart sein für den einen oder die andere: Aber nun leuchten
sie tatsächlich.
31 May 2015
## AUTOREN
Peter Unfried
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