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# taz.de -- Genmais: Landbesitzerin will Bauer Anbau verbieten
> Bis Montagabend soll der veränderte Mais umgepflügt werden. Boden sei
> "verseucht", schimpft die Besitzerin und droht mit einer Klage. Ein
> Präzedenzfall
Bild: Der Mais des Anstoßes
Im Streit über den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen haben Gegner und
Befürworter ein neues Schlachtfeld abgesteckt. Es liegt im
brandenburgischen Dorf Kreuzbruch, etwa 30 Kilometer nördlich von Berlin.
Der Landwirt Dietmar Dessau hat dort eine Fläche von 22 Hektar mit Genmais
des Agrarkonzerns Monsanto bestellt. Die Verpachterin eines Großteils der
Fläche, Andrea Gottemeier, verlangt, dass ihr 18 Hektar großer Acker
"umgebrochen" wird: "Das ist jetzt verseuchtes Ackerland."
Andrea Gottemeier hat erst vor zwei Wochen erfahren, dass auf ihrem Acker
MON 810 angebaut wird - durch Zufall: Die Polizei war bei ihr aufgetaucht
auf der Suche nach Feldbefreiern.
Greenpeace spricht von einem Präzedenzfall, der jetzt in Brandenburg
vertragsrechtlich zwischen einer Verpachterin und einem Landwirt
ausgetragen wird. "Wir gehen davon aus, dass bei den meisten Genfeldern in
Deutschland die Eigentümer gar nichts davon wissen", sagt Ulrike Brendel,
Gentechnik-Expertin bei Greenpeace.
Die Rechtslage ist unklar: Müssen die Eigentümer von Ackerland informiert
werden, wenn dort Genpflanzen stehen? Greenpeace befürchtet, dass die
Verpächterin für eventuelle Schäden an Nachbarfeldern haften muss oder dass
sich der Anbau von Genmais nachteilig für die weitere Vermarktung der
Fläche sein könnte. Bestätigt sehen sich die Umweltaktivisten durch den
kürzlich vom Bundesamt für Verbraucherschutz verfügten Handelsstopp. Von
möglichen Gefahren für die Umwelt durch MON 810 war da die Rede.
Doch Dietmar Dessau wähnt sich auf der sicheren Seite, weil MON 810 für den
Anbau zugelassen ist. Ähnlich argumentiert auch der märkische
Bauernverband. Dessau will in diesem Jahr eine Biogasanlage bauen. Dafür
und für seine Milchkühe als Futtermittel braucht der Ortsbürgermeister den
Mais. In den vergangenen Jahre habe er wegen des Maiszünslers erhebliche
Verlust hinnehmen müssen. Deshalb sei er auf den Genmais umgestiegen - ganz
legal.
Am Montag um 24 Uhr läuft eine Frist für den Landwirt ab. Bis dahin soll
der Genmais vom Acker verschwinden, wie aus einer Abmahnung der Hamburger
Rechtsanwältin Michèle John hervorgeht. Geschieht das nicht, droht Landwirt
Dessau eine Unterlassungsklage. Über den Umweg des Zivilrechts hofft die
Anwältin auf ein Urteil, das die Gefahren des Anbaus von MON 810
ausdrücklich bestätigt. Vor zahlreichen Gerichten wird bereits über die
Haftungsfragen gestritten. Meist klagen Imker über verunreinigten Honig.
Die Rechtsprechung ist aber uneinheitlich.
Das Interesse an dem dörflichen Streit über ein Genmais-Feld ist auf beiden
Seiten groß. So übernimmt Greenpeace alle Anwalts- und Gerichtskosten für
Verpachterin Gottemeier, die auch Inhaberin einer Tierpension ist. Landwirt
Dessau hat die bundesweite Arbeitsgemeinschaft Innovativer Landwirte (Agil)
eingeschaltet, ein Netzwerk von Landwirten, Wissenschaftlern und Wirtschaft
zur Förderung der Pflanzenbiotechnologie.
Auch beim Agrarkonzern Monsanto ist der Kreuzbrucher Fall bekannt - bis in
die Chefetagen der deutschen Tochter mit Sitz in Düsseldorf. "Wir
unterstützen unsere Kunden grundsätzlich", erklärte Unternehmenssprecher
Andreas Thierfelder. "Wenn der Eigentümer auf eine juristische
Auseinandersetzung hinaus will und für dieses Exempel von Greenpeace
unterstützt wird, dann haben wir das Interesse, dem etwas
entgegenzusetzen." Landwirt Dessau jedenfalls geht davon aus, dass mögliche
Kosten des Streits übernommen werden.
Das gesteigerte Engagement von Greenpeace und der Gentechnik-Lobby an
diesem Fall ist nicht überraschend. Denn der brandenburgische Landkreis
Oberhavel ist Genmais-Region: Laut Standortregister ist der Landkreis beim
Anbau von MON 810 einsame Spitze: Mit 612 Hektar liegt fast ein Viertel der
Gesamtfläche hier. 2.685 Hektar werden bundesweit mit Monsanto-Mais
bewirtschaftet, etwa die Hälfte dieser Fläche befindet sich in Brandenburg.
18 Jun 2007
## AUTOREN
Alexander Fröhlich
## TAGS
Schwerpunkt Genmais
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Mindestens.
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