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# taz.de -- Waldwirtschaft: Von Celle nach China
> Auch kleine Waldflächen werden an der Börse gehandelt. Doch erst ab
> 100.000 Hektar wird es für internationale Investoren richtig interessant.
Bild: Deutscher Wald - den Chinesen viel zu mickrig.
Die deutschen Förster schlagen Alarm: Der deutsche Wald ist bedroht. Und
diesmal ist es nicht der Borkenkäfer oder der saure Regen, der dem grünen
Nationalstolz an die Rinde flickt - es ist der Chinese, der in seinem
Hunger nach Rohstoffen nun auch eine Auge auf die deutsche Eiche geworfen
hat.
"Chinesen kaufen in Deutschland ganze Wälder", übertitelte der Bund
Deutscher Forstleute am Montag eine Pressemitteilung, die gestern dann über
die Nachrichtenagentur afp verbreitet wurde. Darin zeichnen die Förster ein
dramatisches Szenario. Der "Globalplayer China" übernimmt eine
Führungsrolle in der Weltforstwirtschaft. Weil Holz so teuer geworden ist,
kauft er lieber gleich ganze Wälder als nur ein paar Bäume. "Deutschland
ist aufgrund der hohen Holzvorräte für die Chinesen ein lukratives
Waldland, in dem es sich lohnt, zu investieren." Angeblich würden
Investoren aus China im großen Stil über Waldkäufe in Schleswig-Holstein
verhandeln, in der Nähe von Celle hätten sie schon zugeschlagen.
Steht der deutsche Wald vor dem Ausverkauf? Ein Klick auf die Internetseite
[1][ww.ihb.de] - die internationale Holzbörse - beruhigt: 13 Wälder wurden
gestern weltweit angeboten, nur einer davon aus Deutschland: 500 Hektar in
Ostwestfalen, wer der Besitzer ist, erfährt man erst, wenn man ein Angebot
abgibt. Fünfhundert Hektar sind nicht wenig, schließlich werden auch acht
Hektar im Burgund angeboten und 7,4 Hektar in Rumänien. Aber spannender
scheint es doch in Brasilien zu sein: 10.000 Hektar im Norden des Landes,
und sogar 150.000 Hektar Tropenbäume im Amazonas.
"Für internationale Investoren wird es erst ab 100.000 Hektar interessant",
sagt Andre Blum, "Assistant Professor" und Forstexperte an der Universität
in Wageningen (NL). Und so große Flächen stünden in Deutschland kaum zum
Verkauf. Gut ein Drittel der deutschen Privatwälder sind kleiner als 200
Hektar, nur 6,3 Prozent größer als 1.000 Hektar. Zwar sei der Wald
international im Markt angekommen und trifft dort auf viel flüssiges
Kapital, das nach neuen Anlagemöglichkeiten sucht. Doch Deutschland sei
wohl eher für kleinere und mittlere Anleger interessant. "Die großen
Investoren aus China kaufen woanders ein."
Chinesische Investoren seien gar nicht die große aktuelle Gefahr, räumt
auch Bernhard Dierdorf, Vorsitzender des Bundes Deutscher Forstleute, auf
Nachfrage der taz ein. Die Pressemitteilung sei "eher der exotische Hinweis
auf eine bedrohliche Entwicklung" gewesen. Und diese beschreibt Dierdorf
so: Wirtschaftliche Interessen würden in der Forstwirtschaft immer
wichtiger, die ökologischen und sozialen Belange gingen verloren. Denn Holz
sei eben nicht mehr nur für die Papier- oder Möbelproduktion gefragt,
sondern immer öfter auch Grundlage für die Energiegewinnung. Das macht
Wälder für Investoren attraktiver als sie lange Zeit waren. Und Kämmerer
von klammen Kommunen oder Finanzminister in armen Bundesländern erhalten
verlockende Angebote.
Doch die Investoren - gleich ob private, staatliche, heimische oder
ausländische - können den Wald einfach abgrasen, getreu dem Motto: "Ich hol
mein Holz und nach mir die Sintflut", befürchtet Dierdorf. Zwar ist der
Wald gesetzlich geschützt. Doch nicht immer reichten die Gesetze. In
Nordrhein-Westfalen etwa dürften jedes Wirtschaftsjahr bis zu zwei Hektar
geschlagen werden, gleich bei welcher Größe des Waldstücks. Das klingt
nicht nach viel. Allerdings braucht ein Baum im Durchschnitt 80 Jahre, bis
er ausgewachsen ist. Werde dann nicht ordentlich aufgeforstet, ändere sich
schrittweise das Landschaftsbild, fürchtet der Förster. Und wer doch
nachpflanzt, würde wohl am ehesten auf die schnellwachsende Fichte setzen,
vermutet Dierdorf: "Weshalb sollte jemand, dem das schnelle Geld wichtig
ist, Mischwald mit Buchen, Elben und Eschen pflanzen, wenn Reinkulturen
ökonomisch doch viel mehr Vorteile bringen?"
27 Jun 2007
## LINKS
[1] http://ww.ihb.de
## AUTOREN
Stephan Kosch
Christine Zeiner
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