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# taz.de -- Karen Ullmann: Juristische Beraterin für Notfälle
> Im Wendland geriet sie in Polizeikessel bei Castor-Protesten. Seitdem
> kämpft die heute 32-Jährige für Freiheitsrechte. Sie ist Anwältin im
> Notdienst.
Bild: Polizeikessel bei Harlingen 2011: Nicht okay, finden die Richter
Karen Ullmann war fünf Jahre alt, als sich der Republikanische Anwältinnen-
und Anwälteverein gründete. "Das Recht als Waffe verstehen, es für
Schwächere gegen Herrschaft einsetzen", lautete 1979 eins der Motive der
politischen Organisation, die sich als Teil der Bürgerrechtsbewegung
versteht. Ullmann trat dem etwa 800 Mitglieder zählenden Verein bei,
nachdem sie 2002 ihr Jurastudium beendet hatte. "Mir ist eine friedliche,
freiheitliche Gesellschaft sehr wichtig", sagt sie, "und ich bin überzeugt,
dass Freiheitsrechte immer erkämpft werden müssen." Deshalb gehört die
32-jährige Hamburgerin auch zu dem Dutzend aktiver Anwälte und Anwältinnen,
die sich im anwaltlichen Notdienst engagieren.
Ullmann ist quasi in den Widerstand hineingewachsen. Ihre Eltern haben eine
Ferienwohnung im Wendland, und mehr oder weniger freiwillig geriet sie in
jeden größeren Polizeikessel bei Castor-Protesten. Vor gut zehn Jahren war
sie die erste Klägerin gegen die massiven Freiheitsentziehungsmaßnahmen.
Noch heute streitet sie sich mit dem Hamburger Landesamt für
Verfassungsschutz über die Einträge ihrer Freiheitsentziehungen.
Die Tochter einer Psychologin und eines Arztes studierte Jura, weil der
Beruf "so vielseitig ist" und sie "schon als Kind ein ziemliches
Gerechtigkeitsbedürfnis" hatte. Mit 15 Jahren sah sie Dokumentarfilme über
das Apartheidregime in Südafrika und saß danach heulend auf den Kinostufen.
Einen Teil ihres Referendariats verbrachte sie in Israel, 2004 war sie in
Ruanda, um sich über die Aufarbeitung des Völkermords zu informieren.
Apartheid, Faschismus, Bürgerkrieg, G8-Gipfel - Karen Ullmann will "mutige
Menschen unterstützen". Für die Vorgehensweise der Polizei in Rostock
findet sie klare Worte: "Mit Rechtsstaat hat das nichts zu tun. Die Polizei
hat systematisch gelogen." Doch vieles, was dort passiert ist, sei im
Wendland an der Tagesordnung. "Deshalb müssen wir Heiligendamm aufarbeiten.
Sonst werden sich die bestehenden Standards verfestigen."
Noch verdient Ullmann ihren Lebensunterhalt als wissenschaftliche
Mitarbeiterin bei der Hans-Böckler-Stiftung. Doch in wenigen Tagen läuft
die Stelle aus. Theoretisch könnte sie als Taxifahrerin arbeiten. Während
ihres Studiums, als sie noch Rastalocken trug, fuhr sie als eine der
jüngsten Fahrerinnen Nachttaxi bei einem alternativen Fuhrunternehmen. Nach
wie vor verlängert sie ihren Taxischein. "Man kann ja nie wissen." Doch
hinters Steuer wird sie sich nicht setzen. Die Mutter eines
anderthalbjährigen Kindes will sich mit der juristischen Beratung von
sozialwissenschaftlichen Projekten selbstständig machen.
28 Jun 2007
## AUTOREN
Barbara Bollwahn
Barbara Bollwahn
## TAGS
Polizeikessel
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