Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Historienfilm-Debatte: Große Männer graben flach
> Florian Henckel von Donnersmarck springt für Bryan Singers Filmprojekt
> "Valkyrie" in die Bresche. Denn er will den positiven Blick auf deutsche
> Geschichte.
Bild: Großer Mann, großes Ego, großer Artikel in der FAZ: Florian Henckel vo…
Gabi Teichert ist Geschichtslehrerin und unzufrieden mit dem
Unterrichtsmaterial, das ihren Schülern die deutsche Geschichte nahe
bringt. Deshalb gräbt sie nachts, heimlich, im Frankfurter Boden. Sie will
etwas finden, was ein positiveres Bild der Geschichte liefert. Sie sucht
mit großer Energie, doch vergeblich. Der Oberschulrat mahnt: "Sie lassen es
an Ordnungssinn mangeln."
Gabi Teichert ist die Hauptfigur in Alexander Kluges Film "Die Patriotin".
So eigensinnig sie auf das Ordnungsbegehr antwortet, so toll gebärdet sich
der Film, indem er Fragmente aus dokumentarischem, semidokumentarischem,
historischem und fiktivem Material mixt. Bei Kluge lässt sich die
Geschichte nicht stillstellen und zähmen, sie ist so widerborstig wie Gabi
Teichert, sie spricht bisweilen durch ein Knie. Sie ordnet sich nie.
28 Jahre sind seither vergangen, und wenn man an einem Dienstagmorgen
Anfang Juli die FAZ aufschlägt, sehnt man sich sehr heftig nach Gabi
Teichert und Alexander Kluge. Auf der ersten Seite des Feuilletons schaltet
sich Florian Henckel von Donnersmarck in die Diskussion über Bryan Singers
Filmprojekt "Valkyrie" ein. "Valkyrie" wird sich mit Graf Stauffenberg und
dem gescheiterten Hitler-Attentat vom 20. Juli 1944 befassen. Tom Cruise
wird die Hauptrolle spielen. Zuletzt gab es Ärger um das Vorhaben, weil dem
Filmteam die noch gar nicht beantragte Drehgenehmigung für den Bendlerblock
verweigert wurde - wegen Tom Cruise Zugehörigkeit zu Scientology. Auch
Stauffenbergs Sohn ist unzufrieden, er fürchtet Verfälschung durch
Dramatisierung.
Das alles wäre eine Petitesse - der Film wird gedreht, ob im Bendlerblock
oder nicht. Trotzdem wirft sich Henckel von Donnersmarck für das Projekt in
die Bresche, als sei es eine vom Aussterben bedrohte Orchidee. Seine
Argumentation geht in etwa so: Dass "Valkyrie" gedreht wird, ist großartig
für Deutschland. Denn Bryan Singer ist einer der ganz Großen, Tom Cruise
ist der Größte und Graf Stauffenberg ein Übermensch. Weil Tom Cruise, der
größte Star, in die Rolle des Attentäters schlüpft, werden Millionen von
Menschen den Film sehen. Endlich wird die Welt wissen, dass Geschichte in
Deutschland nicht nur von schlimmen Knilchen, sondern auch von echten
Helden gemacht wird.
Was Kluge und Teichert aus gutem Grund nicht finden - die Möglichkeiten
eines positiven, erfüllten Blicks auf deutsche Geschichte -, Henckel von
Donnersmarck birgt es im Handumdrehen, indem er die Denkfigur des großen
Mannes aus der historiografischen Mottenkiste herausholt. Aus seinem Text
spricht ein so monströses Begehren nach Hierarchie und Ordnung, dass man
die Filme, die da kommen werden, schon heute fürchtet.
3 Jul 2007
## AUTOREN
Cristina Nord
Cristina Nord
## TAGS
Florian Henckel von Donnersmarck
## ARTIKEL ZUM THEMA
Florian Henckel von Donnersmarck: Zu kultiviert für die Nazis? Wohl kaum
Florian Henckel von Donnersmarcks „Werk ohne Autor“ ist für einen Oscar
nominiert. Viele Stimmen fordern, ihm den Preis nicht zu überlassen.
"Valkyrie"-Dreh: "Hi, I'm Tom", sagte Tom
Die taz-Kolumnistin Barbara Bollwahn hat es geschafft - und ist derzeit als
Handdouble für den Stauffenberg-Film im Einsatz. Wie's war?
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.