# taz.de -- Lebensmittelpreise: Boom beim Biosprit treibt Agrarpreise | |
> Getreide und Tierprodukte werden teurer, prognostizieren FAO und OECD. | |
> Das soll besonders arme Bewohner der Großstädte treffen. | |
Bild: Proteste gegen hohe Maismehlpreise in Mexiko. | |
BERLIN taz Die Weltmarktpreise für Lebensmittel und andere | |
landwirtschaftliche Produkte sind in den vergangenen Jahren kräftig | |
gestiegen und werden weiter auf sehr hohem Niveau bleiben. Das | |
prognostizieren die Industrieländer-Organisation OECD und die | |
UN-Organisation für Landwirtschaft und Ernährung (FAO) in ihrem gestern in | |
Paris vorgestellten Agrarausblick 2007-2016. Ein wesentlicher Faktor, der | |
in früheren Prognosen noch kaum berücksichtigt wurde, sei die rapide | |
wachsende Nachfrage nach Biotreibstoffen. | |
Den starken Preisanstieg der letzten Jahre erklären die Autoren des | |
Berichts zwar auch mit zeitweiligen Entwicklungen wie den Dürreperioden in | |
mehreren Ländern, ganz besonders in Australien, und den gestiegenen | |
Energiepreisen, die die Produktion verteuern. | |
"Aber strukturelle Veränderungen wie die gewachsene Rohstoffnachfrage für | |
die Biospritproduktion dürften die Preise in den kommenden zehn Jahren über | |
ihrem langjährigen Durchschnitt halten", heißt es weiter. In der EU | |
beispielsweise werde der Biospritverbrauch zwischen 2006 und 2010 um 170 | |
Prozent steigen. Trotzdem dürfte das nur für einen 3,3-prozentigen Anteil | |
am Treibstoffverbrauch im Verkehrssektor reichen - statt der 5,75 Prozent, | |
die die EU anstrebt. | |
Nicht nur Zucker, Pflanzenöl und Getreide werden teurer, wenn die | |
Biospritbranche immer mehr davon nachfragt. Weil sich dadurch zugleich der | |
Preis von Futtermitteln erhöht, sind auch tierische Produkte betroffen. Der | |
Preis für Weizen dürfte dem Bericht zufolge in zehn Jahren um 20 Prozent | |
über dem Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre liegen, der Anstieg bei | |
Mais dürfte 33 Prozent betragen, bei Magermilchpulver 36 Prozent und bei | |
Butter 43 Prozent. Lediglich beim Fleisch, wo das Angebot schon jetzt | |
reichlich ist, erwarten die Experten eine geringere Teuerung. | |
Die Debatte über "Nahrungsmittel vs. Kraftstoffe" wird durch diese | |
Entwicklungen weiter angeheizt. So hat sich etwa in Mexiko Maismehl bereits | |
jetzt dramatisch verteuert. Besonders schlimm sei das Problem für Länder, | |
die darauf angewiesen sind, Nahrungsmittel zu importieren, und dort | |
insbesondere für die arme Bevölkerung in den Städten. | |
Dagegen profitieren die Agrarexportländer aus dem Süden. "Die wachsende | |
Präsenz Argentiniens und Brasiliens auf den Agrarexportmärkten ist | |
beeindruckend", schreiben die Experten. Wachsende Bevölkerungen, aber vor | |
allem höhere Einnahmen in den Schwellenländern sorgen dort auch für eine | |
wachsende Nachfrage. OECD und FAO rechnen daher mit einer starken Zunahme | |
des Süd-Süd-Handels. | |
Auf die laufenden Verhandlungen in der Welthandelsorganisation geht der | |
Bericht nur am Rande ein. Sollte es zu einem Abschluss kommen, dürften die | |
Preise wegen des vorgesehenen Subventionsabbaus im Schnitt noch weiter | |
steigen. Aber: "In einigen Märkten, in denen die Produzenten vor | |
niedrigeren Weltmarktpreisen geschützt wurden, könnten durch den | |
gestiegenen Wettbewerb die Preise gedrückt werden." Auf die betroffenen | |
Bauern kämen harte Zeiten zu. | |
5 Jul 2007 | |
## AUTOREN | |
Nicola Liebert | |
Nicola Liebert | |
## TAGS | |
Landwirtschaft | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Studie über Weizenpreise und Hunger: Spekulation soll nicht so schlimm sein | |
Wetterextreme und Handelspolitik seien die wichtigsten Treiber der | |
Weizenpreise, schreibt das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. | |
Lula da Silva: Auf Missionsreise für den Agrosprit | |
Von Mexiko bis Jamaika wirbt der brasilianische Präsident Lula da Silva für | |
die Ethanolproduktion. | |
Biokraftstoffe: Zwischen Tank und Teller | |
Biosprit hat Konjunktur, doch der Boom birgt Gefahren. Er könnte den Hunger | |
in der Welt verschlimmern. In Brüssel suchen Fachleute nach Lösungen. |