# taz.de -- Stammzellenforschung: Alle Parteien tun sich schwer | |
> Politiker von SPD und CSU wollen Forschern Arbeit mit neuen Stammzellen | |
> ermöglichen. Bedenken herrschen in der CDU. | |
Bild: Die embryonalen Stammzellen, mit denen die Forscher jetzt hantieren, werd… | |
BERLIN taz | Die Empfehlungen des Nationalen Ethikrates (NER) über den | |
weiteren Umgang mit embryonalen Stammzellen haben in der großen Koalition | |
Streit ausgelöst. Während sich der SPD-Forschungspolitiker René Röspel und | |
seine CSU-Kollegin Ilse Aigner für eine Lockerung des Stammzellgesetzes | |
aussprechen, ist der behindertenpolitische Sprecher der Union, Hubert Hüppe | |
(CDU), strikt dagegen, denn: "Damit würden wir die Tötung von Embryonen | |
veranlassen." | |
Die Zerrissenheit zieht sich quer durch die Fraktionen und spiegelt die | |
Situation im Ethikrat wieder. Dort will eine knappe Mehrheit - 14 von 26 | |
Mitgliedern - deutschen Forschern erlauben, auch mit den neuesten | |
embryonalen Stammzelllinien zu arbeiten. | |
Damit die Forscher im internationalen Wettbewerb mithalten können, soll die | |
im Stammzellgesetz festgeschrieben Stichtagsregelung abgeschafft werden. | |
Das Gesetz sieht vor, dass in Deutschland nur mit embryonalen Stammzellen | |
gearbeitet werden darf, die vor dem 1. 1. 2002 im Ausland hergestellt | |
wurden. | |
Den damals geltenden, viel zitierten Grundsatz "Für die deutsche Forschung | |
soll kein Embryo sterben", wollen die NER-Mitglieder, die für eine | |
freizügigere Handhabung sind, nicht aufkündigen. Sie betonen daher auch | |
ausdrücklich, dass ihre Empfehlungen nur eine "Fortschreibung" des Gesetzes | |
seien. Statt mit einem "starren Stichtag" solle mit einer | |
"Einzelfallprüfung" sichergestellt werden, dass die Zelllinien, zu deren | |
Herstellung Embryonen vernichtet werden müssen, nicht im Auftrag oder durch | |
Mitwirkung von deutschen Forschern entwickelt wurden, erklärte der | |
Würzburger Verfassungsrechtler Horst Dreier, der für seine Kollegen im NER | |
das Mehrheitsvotum vorstellte. Die Herstellung von eigenen Stammzellen | |
würde damit auch weiterhin verboten bleiben. | |
Nicht ganz so weit gehen will der SPD-Experte Röspel. Er hatte schon vor | |
längerer Zeit angekündigt, dass er seine Meinung mittlerweile geändert habe | |
und für eine Verschiebung des Stichtages plädiert. Ausschlaggebend für den | |
Meinungsumschwung war wohl das wiederholte Klagen der Stammzellforscher, | |
dass die "veralteten Zellen", die zudem auch mit Viren verunreinigt sind, | |
inzwischen nicht mehr dem Forschungsstandard genügen. Sie seien nutzlos. | |
Röspels neuester Vorschlag: eine Verschiebung des Stichtages auf den 1. Mai | |
2007. Damit hätten die Forscher Zugriff auf etwa 500 neue Stammzellen. | |
Röspel will jetzt Unterstützer im Bundestag für seinen Vorschlag suchen. | |
Geplant ist, nach der Sommerpause einen entsprechenden Antrag für eine | |
Novellierung des Stammzellgesetzes vorzulegen. | |
Die Chancen dafür stehen gut. Zwar plädiert die Grünen-Expertin Priska Hinz | |
dafür, statt die Forschung mit embryonalen Stammzellen auszuweiten, mehr | |
auf Alternativen zu setzen. Aber auch in ihrer Fraktion gibt es | |
Abgeordnete, die keine Einwände gegen eine Verschiebung des Stichtages | |
haben. Unterstützung bekam Röspel auch von der Sprecherin der Linken, Petra | |
Sitte. Denn Wissenschaftler bräuchten, so Sitte, "den Zugang zu nicht | |
verunreinigten Stammzelllinien". | |
18 Jul 2007 | |
## AUTOREN | |
Wolfgang Löhr | |
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