# taz.de -- Umwelt-Siegel: Neue Chancen für Genfrei-Label | |
> Die Kriterien für die Kennzeichnung "ohne Gentechnik" bei Lebensmitteln | |
> sollen gelockert werden. Vielleicht bekommt man sie dann auch mal zu | |
> sehen. | |
Bild: So wird jedenfalls eher nicht aussehen, das Genfrei-Siegel | |
BERLIN taz | Auf manchen Verpackungen von Schokolade, Pizza oder Sauren | |
Gurken könnte bald ein neuer Aufdruck prangen - "ohne Gentechnik". | |
Bundesverbraucherminister Horst Seehofer (CSU) hat dazu Erleichterungen bei | |
den Kennzeichnungsvorschriften angekündigt. | |
Die derzeit gültige Neue Lebensmittelverordnung (NLV), in der die Kriterien | |
für die Kennzeichnung "ohne Gentechnik" festgelegt sind, ist so streng, | |
dass kaum eine Lebensmittelhersteller hierzulande wagt, seine Waren damit | |
auszuzeichnen. Die 1998 vom damaligen Gesundheitsminister Seehofer | |
erlassene Verordnung wurde daher auch als "Verhinderungsgesetz" bezeichnet. | |
Seehofer will jetzt einem Teil seiner Kritiker entgegenkommen. In Umfragen | |
verschmähen gut 70 Prozent der Verbraucher die Gentechnik, über 90 Prozent | |
wollen wissen, ob ihre Lebensmittel mit Hilfe der Gentechnik hergestellt | |
worden sind. Bisher können Konsumenten nur bei Ökoprodukten sicher sein, | |
dass keine Gentechnik drin ist. | |
Von dem neuen Label würden auch Landwirte und Lebensmittelproduzenten | |
profitieren, die gentechfrei wirtschaften wollen. "Denn nur wenn sie ihre | |
Waren auch mit den Label ,ohne Gentechnik' anpreisen können, werden viele | |
von ihnen auch bereit sein, die Mehrkosten für die gentechfreie Produktion | |
zu bezahlen", erklärt Thomas Gutberlet, Vorstandsmitglied bei der | |
Lebesmittelkette Tegut. Dazu kommt, dass es künftig schwieriger werden | |
könnte, gentechfreie Futtermittel, Lebensmittelzutaten und Zusatzstoffe zu | |
bekommen, wenn die Nachfrage danach nicht groß genug ist. | |
Die Lebensmittelkette Tegut mit ihren über 300 Filialen gehört zu den | |
wenigen Vorreitern in Deutschland, die derzeit schon Produkte mit dem Label | |
"ohne Gentechnik" in ihren Läden anbieten. "Es handelt sich dabei | |
ausschließlich um Milchprodukte", so Gutberlet. Denn die Produktion von | |
Milch sei im Unterschied zu manch anderen Waren noch überschaubar. | |
Das Projekt "gentechfrei gekennzeichnete Milch" hat Tegut mit der Upländer | |
Molkerei durchgeführt. Gutberlet hat dabei die Tücken von Seehofers NLV | |
kennengelernt. Gut ein Jahr brauchten die Projektteilnehmer, um | |
herauszufinden, welche Tierarzneimittel im Kuhstall überhaupt noch | |
angewendet werden dürfen, wenn die Milch als gentechfrei gekennzeichnet | |
werden soll. "Die Tierarzneimittel waren das Hauptproblem", sagt die | |
Geschäftsführerin der Upländer Molkerei, Karin Artzt-Steinbrink. "Denn nach | |
der NVL dürfen auch keine gentechnisch hergestellten Arzneimittel | |
verabreicht worden sein." Die Informationen, wie die Medikamente | |
hergestellt wurden, mussten daher mühsam ermittelt werden. "Wir haben alle | |
Pharmafirmen einzeln angeschrieben", erläutert, Artzt-Steinbrink. Ihr | |
Wunsch ist daher, dass die Arzneimittel als Kriterium aus der Verordnung | |
herausgenommen werden. | |
Vorbild ist Österreich: "Wir haben schon seit längerem praktikable | |
Kennzeichnungsvorschriften", sagt Florian Faber von der Österreichischen | |
ARGE Gentechnikfrei. "Etwa 400 Produkte tragen bei uns das grüne | |
Kontrollzeichen 'Gentechnik-frei erzeugt'." Auch sei etwa 50 Prozent der | |
Frischmilch so erzeugt worden. Die Produkte werden zum Teil auch in | |
Deutschland verkauft - mit dem Label. Paradox ist: Wären sie hierzulande | |
hergestellt worden, dürften sie nicht als gentechfrei gekennzeichnet sein. | |
20 Jul 2007 | |
## AUTOREN | |
Wolfgang Löhr | |
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