# taz.de -- Weltkulturerbe: Wohnungen mit Licht, Luft und Sonne | |
> Eine Ausstellung im Bahaus-Archiv zeigt die Berliner Siedlungen der | |
> Moderne. Sie waren revolutionäre Architektur - und zugleich gebaute | |
> Revolution | |
Bild: Grün kann man hier suchen: Die Wohnsiedlung Carl Legien in Berlin | |
Der Gedanke "Licht, Luft und Sonne" war nach dem Ersten Weltkrieg nicht nur | |
revolutionär. Er fand auch Einzug in ein Gesetz, wie die Ausstellung | |
"Berliner Siedlungen der 1920er Jahre" im Bauhaus-Archiv zeigt. Getrennter | |
Wohn- und Schlafraum, eigene Küche und Bad sowie Balkon war für den | |
öffentlich geförderten Wohnungsbau der Weimarer Republik Pflicht. Die sechs | |
Siedlungen der Moderne, die nun Welterbe der Unesco werden sollen, zeichnen | |
sich also nicht nur durch klare Formen und schlichte Eleganz aus - sie | |
waren auch ein politisches Reformprojekt. | |
Vorläufer der Reformbewegung war die Gartenstadt Falkenberg. Dort waren vor | |
dem Krieg genossenschaftliche Wohnanlagen entstanden, die der Architekt der | |
Gartenstadt, Bruno Taut, nach dem Krieg in der Weddinger Siedlung | |
Schillerpark weiterentwickelte. Die Giebeldächer verschwanden zugunsten von | |
Flachdächern, die innerstädtische Blockbebauung wurde von Hausgruppen | |
abgelöst. Markenzeichen der Siedlung sind die roten Backsteinmauern nach | |
holländischem Vorbild. | |
Den Durchbruch schaffte der moderne Wohnungsbau in Berlin mit Martin | |
Wagner. Der wurde 1926 Stadtbaurat und machte nicht nur den Alexanderplatz | |
zum modernen Platz der "Weltstadt". Auch dem neuen Bauen schuf er Raum - | |
unter anderem in der Britzer Hufeisensiedlung, die Wagner zusammen mit Taut | |
von 1925 bis 1930 für die Gehag errichtete. 2.000 Wohnungen, die sich um | |
ausgedehnte Grünanlagen erstreckten - das hatte es bis dahin nicht gegeben. | |
Welche Eleganz die Moderne entfalten konnte, zeigt sich bis heute in | |
Prenzlauer Berg. Dort wurde von 1928 bis 1930 in der Erich-Weinert-Straße | |
die Wohnstadt Carl Legien errichtet, die nach ihrer Sanierung noch heute | |
bei Wohnungsuchenden beliebt ist. Ganze Städte im Sinne von "Licht, Luft | |
und Sonne" entstanden schließlich mit der Weißen Stadt in Reinickendorf und | |
der Siemensstadt in Charlottenburg. | |
"All diese Siedlungen", sagt die Direktorin des Bauhaus-Archivs, Annemarie | |
Jaeggi, "waren Gegenmodelle zur privatwirtschaftlichen Bauspekulation." Das | |
freilich sind sie, trotz aller Aktualität der Architektur, heute nicht | |
mehr. Sowohl die Gehag als Eigentümerin der Hufeisensiedlung als auch die | |
BauBeCon, der die Wohnstadt Carl Legien gehört, sind private | |
Wohnungsunternehmen, die auch entsprechend handeln. | |
25 Jul 2007 | |
## AUTOREN | |
Uwe Rada | |
Uwe Rada | |
## TAGS | |
Unesco-Welterbe | |
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