Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Kommentar: Bibeltreue Parallelgesellschaft
> In Nordrhein-Westfalen streiten christliche Fundamentalisten doppelt so
> häufig vor Gericht gegen die Schulpflicht wie Muslime. Sind Christen
> integrationsunwillig?
Kinder, die in Parallelgesellschaften aufwachsen und sogar vom Unterricht
in staatlichen Schulen abgemeldet werden: Wer denkt da nicht zunächst an
muslimische Mädchen, die nicht an Klassenfahrten und am Schwimmunterricht
teilnehmen dürfen? Doch das kommt viel seltener vor als angenommen. Und es
sind auch nicht die Muslime, die am häufigsten religiös begründete Einwände
gegen die Schulpflicht vorbringen. Eine Statistik in Nordrhein-Westfalen
ergab, dass christliche Fundamentalisten doppelt so häufig vor Gericht
gegen die Schulpflicht streiten wie Muslime.
Noch öfter als Muslime wollen die Hardcore-Christen ihre Kinder gleich
ganz, nicht nur in einzelnen Fächern, aus öffentlichen Schulen fernhalten.
Sind Christen also integrationsunwillig? Ist das Christentum eine Religion,
die sich nicht mit einer modernen Gesellschaft verträgt? Das möchte man die
Partei mit dem C gerne fragen.
Doch auch wenn die christlichen Fundamentalisten nur kleine Sekten sind,
oft mit russlanddeutschem Hintergrund, so muss sich die Gesellschaft doch
überlegen, wie sie mit diesem Phänomen umgeht. Natürlich hat die
Schulpflicht gerade bei den Kindern ihren Sinn: Wie sollen sie Toleranz
lernen und wie können sie unsere weltliche, pluralistische Gesellschaft
verstehen, wenn sie nicht einmal in der Schule Kontakt zu Kindern aus
anderen Milieus haben?
Dennoch stößt gerade der Rechtsstaat irgendwann an seine Grenzen. Wenn
Eltern lieber ins Gefängnis gehen als ihre Kinder zur Schule zu lassen, wie
soll der Staat da reagieren? Das Sorgerecht zu entziehen ist eine
Möglichkeit. Aber vielleicht schadet dies den Kindern mehr als der Verzicht
auf eine lebensnahe Schulerziehung. Bei hartgesottenen Schulverweigerern
wie jetzt in Baden-Württemberg müssen - letztlich im Interesse der Kinder -
auch faule Kompromisse erwogen werden: etwa, dass die Eltern einen
Schulunterricht organisieren, der sich immerhin weitgehend an den
staatlichen Lehrplan anlehnt - mit Gemeinschaftskunde und Fremdsprachen.
Aber ohne Darwin, Sex und Harry Potter.
24 Jul 2007
## AUTOREN
Christian Rath
## ARTIKEL ZUM THEMA
Schulpflicht-Streit: Christen-Fundamentalisten vor Gericht
Ein Baptistenpaar aus Baden-Württemberg will die Tochter von der
Schulpflicht befreien und auf eine nicht genehmigte Privatschule schicken.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.