# taz.de -- S-Bahn-Streik: "Ich fahre erst wieder bei Grün" | |
> Trotz der kurzfristigen Streikankündigung bleiben die Fahrgäste gelassen. | |
> Die S-Bahn selbst aber scheint überrascht. Information für Passagiere | |
> sind rar. Selbst die Lokführer in den stehenden Zügen geben sich | |
> auffällig wortkarg. | |
Bild: Da fährt kein Zug: Bestreikte S-Bahnen | |
Am Ostkreuz dreht sich nichts. Sogar der Dönerspieß in Dennis Bude steht am | |
Donnerstag still. "Kein Zugverkehr" heißt es auf einer Anzeige des | |
Umsteigebahnhofs in Friedrichshain. Ansonsten gibt es zunächst keine | |
Erklärung. | |
Seit 8 Uhr früh warten potenzielle Fahrgäste ratlos auf den Bahnsteigen. | |
Erst um 9.15 Uhr tauchen kurzfristig eingespannte Servicekräfte auf. | |
Dennoch nehmen viele Passagiere den Streik gelassen auf. Sie steigen in | |
Busse, U-Bahnen und Trams um. Auf der Strecke bleiben vor allem Touristen. | |
Die verstehen nicht, warum keine Bahnen fahren. Und das Bahnpersonal | |
versteht die Sprache der Kunden nicht. | |
Auch im Bahnhof Alexanderplatz gibt es Kommunikationsprobleme. Auf dem | |
S-Bahn-Gleis Richtung Osten steht schon eine ganze Weile ein Zug. Alle | |
Türen sind offen, drinnen sitzt niemand. Die Anzeigetafeln bitten darum, | |
die Ansagen zu beachten. Die aber kommen nicht. Ein Fernsehteam befragt die | |
Wartenden. Die schütteln als Antwort meist nur den Kopf. | |
Der Streik der Lokführer hat die S-Bahn kalt erwischt. Plakate oder | |
Handzettel, die auf den Grund für den Stilstand hinweisen, fehlen. Fast | |
meint man, die Bahn versuche das Wort "Streik" krampfhaft zu verschweigen. | |
Immer wieder sieht man die Bahnsteigaufsicht in ihrem gläsernen Häuschen | |
telefonieren. Auskunft geben andere. Fahrgäste etwa, die schon länger | |
stehen und die davon berichten, dass ihnen eine Bahn vor der Nase | |
weggefahren ist. Immerhin: Es sind also Züge unterwegs. | |
Auskunft geben auch die beiden Angestellten des Wachdienstes mit ihren | |
akkurat schiefen Mützen. Es macht ihnen sichtlich Spaß, statt streng zu | |
blicken freundlich lächeln zu dürfen - und das auch noch vor einer Traube | |
glücklicher Touristen aus Fernost, von denen einer Deutsch spricht. "Hier | |
geht fast nichts", erklärt der eine. "Wo müssen Sie denn hin?", fragt der | |
andere. "Bahnhof Zoo? Gar kein Problem: Nehmen Sie einfach die Regionalzüge | |
von dem Gleis da", sagt er, deutet auf die andere Seite des Bahnhofs und | |
fügt hinzu: "Das ist ja das Schöne an Berlin. Hier gibts Alternativen." | |
Dann endlich erfolgt eine offizielle Durchsage, allerdings nur auf Deutsch: | |
"Wegen eines Warnstreiks ist der Zugverkehr eingeschränkt." In "drei bis | |
vier Minuten" werde jedoch die nächste Bahn Richtung Grunewald kommen. | |
Tatsächlich steht sie schon 30 Sekunden später am Bahnsteig. Schnell folgen | |
noch zwei weitere Züge. In Gegenrichtung, zum Ostkreuz, geht hingegen gar | |
nichts. Der wie vergessen wirkende Zug blockiert effizient den Betrieb. | |
Anders als bei den ersten Streiks vor ein paar Wochen scheint diesmal auch | |
das Mundwerk der Fahrer blockiert. "Kein Kommentar", sagt der Lokführer | |
einer am Ostkreuz stehenden S-Bahn. "Ich stehe seit 8 Uhr und fahre erst | |
weiter, wenn die Ampel wieder grün wird", ergänzt er noch. Ob er streikt | |
oder durch andere Züge blockiert wird, bleibt jedoch unklar. | |
Schließlich ertönt auch hier die erlösende Durchsage: "Der Zug auf Gleis 6 | |
fährt um 10 Uhr nach Potsdam Hauptbahnhof." Minuten später springt die | |
Ampel auf Grün. Alles ist beim Alten. Auch Dennis Dönerspieß dreht sich | |
wieder. | |
9 Aug 2007 | |
## AUTOREN | |
Nana Gerritzen | |
Bert Schulz | |
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